Doris Day war einer der größten Stars in den Fünfziger- und Sechzigerjahren, dürfte aber zumindest bei den Jüngeren kaum noch bekannt sein. Vielleicht haben manche noch ihre größten Komödienhits wie Was diese Frau so alles treibt, Ein Pyjama für zwei oder Bettgeflüster gesehen, die zumindest früher regelmäßig im Fernsehen liefen, oder den Hitchcock-Thriller Der Mann, der zu viel wusste. Doch wenige, mich eingeschlossen, sind mit ihren eher unbekannten Werken vertraut.
Seit einiger Zeit sehe ich mir verstärkt Klassiker der Filmgeschichte an, die ich noch nicht kenne oder vor so langer Zeit gesehen habe, dass ich mich entweder nicht mehr genau an sie erinnere oder unbedingt noch einmal sehen möchte. Verglichen mit heutigen Produktionen, die dank moderner Technik und Computereffekte viel aufwändiger und visuell beeindruckender wirken, sehen alte Filme mit ihren Studiokulissen, dem dumpfen Sound und den handgemachten Spezialeffekten oft rührend altbacken aus. Aber sie sind auch erfrischend anders und weniger stromlinienförmig und formelhaft.
Zufällig habe ich in den letzten Monaten drei Filme mit einer meiner liebsten Komödiendarstellerinnen angeschaut, und daher gibt es diese Woche ein Doris-Day-Special. Den Anfang macht ihr letzter Vertragsfilm für Warner, der 1955 in die US-Kinos kam. Day war schon lange eine bekannte Sängerin, bevor sie zum Film stieß, und entsprechend waren ihre ersten Produktionen musiklastige Komödien. Ihr Debütfilm war Zaubernächte in Rio unter der Regie von Michael Curtiz, mit dem sie noch weitere Filme für Warner drehte. Curtiz hatte wiederum 1938 Regie geführt bei einem Film namens Vater dirigiert, der im Original Four Daughters hieß und auf einer Kurzgeschichte oder einem Roman (die Angaben dazu gehen auseinander) von Fannie Hurst basiert. Der Film war so erfolgreich, dass er drei Fortsetzungen nach sich zog, bevor Warner sich entschloss, ein Remake in die Kinos zu bringen. Und wir dachten, Hollywoods Franchisewut und Einfallslosigkeit sei etwas Neues.
Man soll nicht mit der Liebe spielen
Musikprofessor Gregory Tuttle (Robert Keith) hat drei Töchter: Fran (Dorothy Malone), Amy (Elisabeth Fraser) und Nesthäkchen Laurie (Doris Day). Ihre unverheiratete Tante Jessie (Ethel Barrymore) kümmert sich seit dem Tod ihrer Mutter um sie und den Haushalt. Als Fran sich entscheidet, den reichen, aber unattraktiven Bob (Alan Hale Jr.) zu heiraten, schließen ihre Schwestern einen Pakt: Entweder sie finden bald geeignete Männer und feiern eine Doppelhochzeit oder bleiben ledig. Ihr Vorhaben gerät schon bald ins Wanken, als der Komponist Alan Burke (Gig Young) bei ihnen auftaucht, der sehr selbstbewusst, charmant und liebenswert ist und allen drei Schwestern den Kopf verdreht. Es ist jedoch Laurie, in die er sich heimlich verliebt. Doch dann taucht Barney Sloane (Frank Sinatra) auf, um die Musik von Burkes Musical, das er für den Broadway schreibt, zu arrangieren. Sloane ist ein zynischer, pessimistischer und erfolgloser Musiker, der glaubt, unter einem Unstern geboren zu sein. Doch Laurie fühlt sich zu dem hoffnungslosen Fall hingezogen.
Obwohl die Geschichte ein Remake ist und Julius J. Epstein und Lenore J. Coffee in beiden Produktionen als Drehbuchautoren genannt werden, ist sie nicht identisch mit dem Curtiz-Film. Am auffälligsten ist wohl das Verschwinden der vierten Tochter, womit auch der Originaltitel von 1938 keinen Sinn mehr ergibt. Deshalb heißt das Remake im Original Young at Heart, nach einem der Songs, die eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Es ist auch der bessere Titel, verglichen mit dem doch ziemlich schnulzigen und nichtssagenden deutschen Man soll nicht mit der Liebe spielen.
Tatsächlich ist die einzige Frau mit Ambitionen aus der Geschichte verschwunden, die zweitjüngste Tochter des Professors, die eine Karriere als Sängerin anstrebt und später verwirklicht. In den Dreißigerjahren, in denen Screwball-Comedys starke, selbstbewusste und gewitzte Frauen in den Vordergrund stellten, war es noch problemlos möglich, eine Frau zu zeigen, die mehr im Leben will als einen netten, wohlhabenden Ehemann, in den reaktionären Eisenhower-Jahren wohl nicht mehr.
Der Film nimmt sich dennoch am Anfang Zeit, die Frauen der Familie vorzustellen, die pragmatische Fran, die nicht aus Liebe heiratet, sondern nur, um finanziell abgesichert zu sein und die ihren Zukünftigen erst seit sieben Tagen kennt, als sie seinen Antrag annimmt. Laurie ist der Sonnenschein der Familie, sie singt (natürlich singt sie, es ist Doris Day), muntert alle mit ihrem unerschütterlichen Optimismus auf und glaubt an die große Liebe. Amy hingegen steht im Schatten ihrer Schwestern, macht sich keine großen Illusionen, was die Liebe betrifft, hat aber einen Verehrer, einen gutmütigen Klempner, für den sie lauwarme Sympathie empfindet. Man sieht sie zu Beginn mit einem Buch und weiß daher, dass sie eher der Typ spröde Bibliothekarin ist.
Auffällig ist jedoch, dass keine der drei Frauen einer Arbeit nachgeht (zumindest erfährt man es nicht), sondern sich vor allem auf ihr Leben als Hausfrau und Mutter vorbereitet und auch sonst keine größeren Träume hat. Es sind die Männer die Karriere machen und in die Welt hinausziehen, nur Sloane fällt dabei aus der Reihe. Sowohl der Professor als auch Burke sind ungeheuer selbstbewusste Macher, wobei der Komponist mit seiner nicht gerade dezenten Angeberei und einem Ego, das so groß ist, dass es kaum durch die Tür passt, negativ auffällt. Ihn rettet sein unermesslicher Charme, den er großzügig an alle verteilt und damit sogar die grimmige Tante Jessie um den kleinen Finger wickelt.
Für einen amerikanischen Film dieser Zeit ist es eine bemerkenswert detailreiche und tiefe Charakterisierung der Figuren, die auch vor düsteren Themen wie Selbstmord nicht zurückschreckt. So ganz passt das zwar nicht zum eher heiteren Grundton, fügt sich aber doch einigermaßen natürlich in den Plot ein. Man würde sich dennoch wünschen, dass Drehbuch und Regie den Figuren mehr Raum geben würden, um diese besser kennenzulernen. Das gilt auch für das Liebesdreieck, das sich zwischen Laurie, Burke und Sloane entwickelt, in das aber auch ihre Schwestern verstrickt sind. Hier wird leider viel Potential verschenkt.
Die eingesparte Zeit verwendet Regisseur Gordon Douglas für (viel zu viele) Gesangseinlagen. Verständlich, wenn man zwei Stars wie Doris Day und Frank Sinatra am Start hat, aber trotz bekannter Titel wie den schon erwähnten Young at Heart oder Someone to Watch over Me doch eher langweilig. Das geht dann leider vor allem auf Kosten des überstürzten, zu melodramatischen und arg verkürzten Finales.
Alles in allem ein unterhaltsamer Film, der wie eine charmante, durchweg gelungene und witzige Liebeskomödie beginnt, dann aber langsam abfällt und zu viel Zeit mit harmloser Trällerei vertrödelt. Für Fans von Doris Day aber ein Schmankerl. Der Film läuft immer wieder auf Cabel Eins Classics.
Note: 3