Die Gangster Gang

Früher kamen animierte Familienfilme nur selten ins Kino, weil sie von Hand gezeichnet werden mussten, was langwierig und teuer war. Seit dem Siegeszug der CGI ist es jedoch einfacher und billiger, diese Filme herzustellen, weshalb es auch so viele von ihnen gibt. Viel zu viele. Und wer weiß, was uns blüht, wenn dank KI praktisch jedermann seine eigenen Werke produzieren und ins Netz stellen kann.

Als Die Gangster Gang in unsere Kinos kam, hatte er zwar einen spaßigen Trailer, aber ich habe ihn mir dennoch nicht angesehen. Wie die meisten Animationsfilme. Doch manchmal habe ich Lust auf dieses Genre, und als der Titel auf der Liste der Filme auftauchte, die bald bei Prime Video verschwinden sollten, dachte ich: Warum eigentlich nicht? Inzwischen läuft er im Stream von Joyn.

Der Originaltitel lautet übrigens The Bad Guys, und irgendwie passt das auch zu Deadpool & Wolverine

Die Gangster Gang

Der Gentleman-Gauner Mr. Wolf und seine Crew, zu der der heißblütige Mr. Piranha, der etwas einfältige Verwandlungskünstler Mr. Shark, der chronisch schlecht gelaunte Safeknacker Mr. Snake sowie die Hackerin Miss Tarantula gehören, möchten der Stadt und vor allem der Gouverneurin Diane Foxington beweisen, dass sie die fähigsten Gauner des Landes sind, indem sie auf einer Wohltätigkeitsgala die Trophäe stehlen wollen, die dem Wohltäter Professor Marmelade verliehen werden soll. Doch eine eher zufällig vollbrachte gute Tat lässt Mr. Wolf an seiner Bösartigkeit zweifeln. Zudem werden sie von der Polizei geschnappt. Der gerissene Gauner überredet jedoch die Gouverneurin, ihnen noch einmal eine Chance zu geben, sich zum Guten zu wandeln, indem man sie Professor Marmelades Programm zur Resozialisierung überantwortet.

Die Geschichte basiert auf einer Graphic-Novel-Serie von Aaron Blabey, die inzwischen auf 20 Bände angewachsen ist. Das Drehbuch von Etan Cohen nimmt sich allerdings einige Freiheiten bei der Adaption und ist gleichzeitig eine Hommage an Gangsterfilme wie Pulp Fiction oder Heist-Movies wie Ocean’s Eleven. Vor allem in der fulminanten Eröffnungssequenz sind die Einflüsse Tarantinos unverkennbar, und die rasante Verfolgungsjagd durch die Stadt macht eine Menge Spaß.

Leider kann der Film dieses Tempo in den restlichen zwei Dritteln nicht halten, und auch der zu Beginn dominierende Dialogwitz nimmt immer weiter ab. Dass die Helden eigentlich die Bösewichter sind, noch dazu lauter Tiere mit schlechtem Leumund oder schurkischen Eigenschaften in Märchen, macht die Story jedoch zu etwas Besonderem. Auf diese Weise werden sowohl Vorurteile gegenüber bestimmten Spezies in Frage gestellt als auch moralische Prinzipien. Manchmal kann auch eine fragwürdige Tat einem höheren und gutem Zweck dienen.

Leider geht der Autor nicht weiter auf die Figuren ein, sondern begnügt sich damit, ihre Eigenschaften und Marotten zu beschreiben und immer wieder neu zu bedienen. Auf die Motive ihres Handelns oder die Ursachen für ihre kriminellen Karrieren wird hingegen gar nicht oder kaum eingegangen. Dennoch fühlt man sich von der Gang, die mal gut, mal kriminell, aber nie wirklich böse ist, wunderbar unterhalten. Die Dynamik zwischen ihnen funktioniert hervorragend, und auch wenn man sich etwas mehr Humor gewünscht hätte, kann man oft genug über sie lachen.

Etwas irritierend ist das World-Building, das anthropomorphe Tiere in einer Menschenwelt ansiedelt und dabei die Grenzen der Biologie sprengt. Oder warum haben Fische plötzlich Beine und brauchen kein Wasser zum Überleben? Letzten Endes ist das aber auch nicht so wichtig.

Ein paar Abzüge gibt es auch bei der Story, die zwar etliche Volten schlägt und viele interessante Wendungen besitzt, aber auch etwas zu einfältig und vorhersehbar ist. So schwächelt, trotz einiger netter Einfälle, vor allem das Finale, das zudem mit dem großartigen Anfang leider nicht mithalten kann. Den lieben Kleinen dürfte dies vermutlich schnurz sein, und die Erwachsenen kommen trotz einiger Schwächen durchaus auch auf ihre Kosten.

Note: 3

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.