John Wayne ist einer der Gründe, warum ich lange Zeit keine Western mochte. Wie kein Zweiter, außer vielleicht Charlton Heston, verkörperte er im Privaten den hässlichen Amerikaner, und wenn man sich seine Äußerungen zum Landraub, zu Rassismus und Sklaverei ansieht, scheint er ein furchtbarer Mensch gewesen zu sein, der zudem lange Zeit Mitglied der rechtsradikalen John-Birch-Society war. Heute würde er vermutlich gecancelt werden in Hollywood und dürfte nur noch Filme für ein ebenso erzkonservatives Publikum machen und auf Trump-Rallys auftreten.
Bei Prime Video gibt es eine Menge seiner Filme, die sich vermutlich immer noch einer gewissen Beliebtheit bei den Fans des Genres erfreuen. Und viele darunter sind auch große Klassiker. Einer davon ist Red River, auf Deutsch Panik am roten Fluss, der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden ist und zu den großen Meisterwerken der Filmgeschichte zählt. Ich kannte ihn bislang nicht und habe ihn daher nachgeholt. Trotz John Wayne.
Panik am roten Fluss
1851 eignet sich Thomas Dunson (John Wayne) in Texas das Land eines mexikanischen Großgrundbesitzers an, um darauf eine Rinderfarm zu errichten. Vierzehn Jahre später gehört ihm die größte Ranch des Bundesstaates mit Tausenden von Rindern, die jedoch in Texas fast nichts wert sind. Um damit Geld zu verdienen, muss das Vieh über 1000 Meilen weit nach Missouri getrieben werden, ein schwieriges Unterfangen, da überall unterwegs Indianer und Räuber lauern. Zusammen mit seinem Ziehsohn Matt (Montgomery Clift) und seinem langjährigen Vertrauten Groot (Walter Brennan) sowie einem Dutzend Cowboys macht sich Dunson auf den Weg.
Mit drei Millionen Dollar Produktionskosten war das Budget für damalige Verhältnisse hoch. Die Hälfte davon ging angeblich für den Kauf von Rindern drauf. Aber diese Investition lohnt sich, denn die Aufnahmen des Viehtrecks sind außerordentlich. Man kann den Staub förmlich auf den Lippen schmecken und sich die Strapazen der Reise, die endlosen Tage im Sattel, die karge Verpflegung, die Schwierigkeiten, Tausende von Rindern auf Kurs zu halten, sehr gut vorstellen.
Bei dieser Story ist es nicht verwunderlich, dass sie aus mehreren Episoden besteht, die von den einzelnen Hindernissen auf dem Weg handeln. Zu den bemerkenswertesten gehört eine Stampede, die aus einem Running Gag resultiert, der unvermittelt in eine tödliche Katastrophe umschlägt. Regisseur Howard Hawks erzählt diese Actionsequenz, in der als Besonderheit erstmal eine eingegrabene Kamera benutzt wurde, mit packender Dynamik und enormer Wucht. Sie ist einer der Höhepunkte des Films.
Eine weitere Episode handelt von Dunsons zunehmend erratischem Verhalten, das bisweilen an den Kapitän aus Die Meuterei auf der Bounty erinnert. Dunsons Tyrannei führt zu immer mehr Unzufrieden unter seinen Männern und gipfelt schließlich in einem Konflikt zwischen ihm und Matt, der zu Dunsons eigenem Schutz einschreitet und drastische Mittel ergreift, die einen Keil zwischen ihm und seinem Ziehvater treiben. Psychologisch ist das klug erzählt. Leider ist John Wayne kein guter Schauspieler und mit der nuancierten Performance, die seine Figur erfordert, sichtlich überfordert. Den groben Macho spielt er im Schlaf, aber sobald er sich mit den Gefühlen seiner Figur auseinandersetzen muss, wirkt er hölzern.
So erzählt die Geschichte nicht nur vom ersten Viehtreck der USA, sondern auch von einem Generationenwandel im Wilden Westen. Wayne verkörpert den raubeinigen Typus des skrupellosen Landräubers, der zuerst schießt und dann Fragen stellt, der aber, so viel Gottesfurcht muss sein, seine Opfer mit Bibelsprüchen unter die Erde bringt. Man ist ja zivilisiert. Clift ist ein neuer Typus Amerikaner, gezeichnet von den Schrecken des Bürgerkriegs und daher eher auf Frieden und diplomatischen Ausgleich bedacht. Er denkt, bevor er handelt, und das ist bereits ein großer Fortschritt.
Note: 3