Auf der Münchner Filmwoche drehen sich naturgemäß viele Gespräche um das zurückliegende Kinogeschäft und die Aussichten für das beginnende Jahr. Im Januar waren viele der Meinung, dass die Kinos in 2024 eher maue Besucherzahlen verzeichnen würden, schlechter noch als im Vorjahr, weil die Auswirkungen des Streiks in Hollywood noch bis in den Herbst hinein deutlich spürbar sein werden. Überraschenderweise war dann das erste Quartal besser als befürchtet, das zweite jedoch ein wenig schlechter als erwartet, woran wohl auch Alles steht Kopf 2 nicht viel ändern wird. Dennoch ist Optimismus geboten, denn ab September sollten wieder genügend Filme starten.
Die Zuschauer sind immer schwerer einzuschätzen, und die Gründe, warum ein Film weitgehend ignoriert, während ein anderer geradezu überrannt wird, sind oftmals schwer zu eruieren und haben nicht unbedingt etwas mit der Qualität der Produktionen zu tun. Ich behaupte schon seit Jahren, dass Kino für viele Menschen immer mehr Eventcharakter bekommt, und da scheint es manche Filme zu geben, die einfach ein Must-See-Erlebnis sind, aus welchen Gründen auch immer. Im Streamingbereich kann man dies schon lange beobachten, da waren Produktionen wie Game of Thrones oder Stranger Things Kulthits, den man nicht verpassen durfte und die sensationelle Abrufzahlen verbuchten.
Persönlich kann ich sagen, dass es bisher kein schlechtes Jahr ist, auch wenn ich mich immer wieder dabei ertappe, wie ich unzufrieden den Kopf schüttele und murmele: „Früher war mehr Lametta.“ Entweder liegt es am Älterwerden oder ich bin inzwischen einfach zu verwöhnt. In meiner Jugend gab es schließlich auch keine Kino-Highlights im Wochentakt, und im Fernsehen sah es sogar noch viel schlechter aus.
Vielleicht liegt es daran, dass es früher mehr Genre-Diversität gab und ich vor allem gute Komödien vermisse, aber auch Thriller und epische Geschichten. Bei den US-Majors herrscht leider schon seit langem Ideen- und auch eine gewisse Hilflosigkeit, die sich in den sechsten, achten oder gar zehnten Teilen eines Franchises oder der Wiederbelebung uralter Stoffe niederschlägt. Die Streamer hingegen setzen vor allem auf neue Attraktionen und weniger auf langlebige Franchises und haben damit oftmals die Nase vorn.
Aber auch das goldene Zeitalter des Fernsehens hat inzwischen Glanz eingebüßt. Viele der stark beworbenen Streaming-Serien waren im ersten Halbjahr enttäuschend: 3 Body Problem, Bodkin, Palm Royale oder The Acolyte konnten beispielsweise die in sie gesetzten Erwartungen leider nicht erfüllen. Natürlich sind auch die Streamer vom Streik betroffen gewesen und ihre Programme infolgedessen weniger üppig ausgefallen. Und einige gute Serien hat es auch gegeben: Die neuen Staffeln von Slow Horses, For All Mankind, Fargo oder Hacks waren wieder großartig und mit The Brothers Sun, Shogun und Fallout gab es immerhin aufregende neue Produktionen. Die für mich beste Serie des Halbjahres lief allerdings bei Arte und hieß Total Control.
Doch zurück zum Kino: Im ersten Halbjahr habe ich 17 neue Filme im Kino gesehen, plus einige aus 2023, die ich in den ersten Wochen nachgeholt habe. Zugegeben, es hätten gerne noch mehr sein dürfen, weil ich einige verpasst habe, aber unter denen, die ich gesehen habe, waren einige, die mir gut gefallen haben. Hier ist meine Top 5:
- Dune: Part Two
- The Holdovers
- Furiosa: A Mad Max Saga
- All of us Strangers
- Planet der Affen: New Kingdom
Eigentlich stünde an fünfter Stelle Amerikanische Fiktion, doch dieser war bei uns nur ein Streamingfilm, weshalb ich ihn aus meiner Liste mit Kinofilmen entfernt habe. Natürlich gab es auch einige Enttäuschungen, zu denen vor allem Civil War zählt, aber auch mit Argylle oder Ghostbusters: Frozen Empire bin ich nicht richtig warm geworden.
Bisher ist 2024 also kein schlechtes Jahr, und ein paar aufregende Produktionen stehen ja noch aus. Insbesondere freue ich mich diese Woche auf A Quit Place: Day One, gefolgt in den nächsten Monaten von To the Moon, Deadpool & Wolverine und Wolfs, die allesamt großartige Trailer besitzen. Neugierig bin ich aber auch auf Horizon, Joker: Folie à deux und sogar Venom – The Last Dance, der hoffentlich wieder genauso spaßig sein wird wie der erste Teil.
Darüber hinaus habe ich vermutlich einige Titel vergessen oder noch nicht auf dem Schirm, die dafür sorgen, dass 2024 zumindest qualitativ nicht schlechter sein wird als die vergangenen Jahre. Und wer weiß, vielleicht locken viele dieser Filme die Menschen wieder in die Kinos.