Jahr für Jahr starten Hunderte von Filmen, aber wenn man regelmäßiger Kinogänger ist, bekommt man, zumindest in den Multiplexen, meistens die gleichen Trailer zu sehen – manchmal über viele Monate hinweg, bis man sie nicht mehr sehen kann. Borderlands und Twisters zählen im Augenblick zu jenen, denen ich bei jedem Kinobesuch wieder begegne, und ich bin unendlich froh, dass Bad Boys 4 endlich gestartet ist, nur damit ich nicht noch ein weiteres Mal Will Smiths Spruch, dass seine Seele einen Schwanz hat, anhören muss. Im vergangenen Jahr war es unter anderem der Trailer von The Equalizer 3, dessen „deutscher“ Untertitel The Finale Chapter sich in diesem Zusammenhang wie eine Erleichterung anhörte, der bis zum Überdruss gespielt wurde.
Bitte nicht falsch verstehen: Ich mochte den Trailer und hatte sogar lange Zeit Lust, mir den Film anzuschauen, aber nach gefühlt sechshundert Trailersichtungen konnte ich mich schlussendlich doch nicht ins Kino aufraffen. Dafür habe ich den Film nun auf Netflix nachgeholt.
The Equalizer 3
Ein unbekannter Auftrag führt McCall (Denzel Washington) nach Sizilien, wo er auf einem Weingut Dutzende bewaffneter Kämpfer ausschaltet und am Ende deren Capo zur Strecke bringt, bevor dessen kindlicher Enkel ihn verletzt. Weil er auf dem Anwesen jede Menge aus Syrien importierte Drogen gefunden hat, informiert er CIA-Agentin Emma Collins (Dakota Fanning). McCall landet auf dem Festland in einem idyllischen Küstenstädtchen, wo ein ebenso hilfsbereiter wie verschwiegener Arzt (Remo Girone) ihn zusammenflickt. Während seiner Genesungszeit genießt er die Freundlichkeit der Einwohner und verliebt sich in die Stadt, doch diese wird von der Mafia bedroht.
Nach zehn Jahren geht dieses Franchise zu Ende, wobei es noch eine gleichnamige Serie gibt, die jedoch nichts mit der Handlung um McCall zu tun hat. War der erste Teil ziemlich unterhaltsam und spannend, ließ der zweite schon merklich nach, doch dann versprach der Trailer ein actionreiches Finale, das noch dazu vor der traumhaften Kulisse Süditaliens spielt. Mit Ende sechzig ist Denzel Washington inzwischen auch schon im Rentenalter, insbesondere als Actionstar, und man sieht es ihm langsam an.
Dennoch ist er immer noch gut genug in Form, um all seine Gegner mühelos zu eliminieren und allein gegen Dutzende schwer bewaffneter Männer zu kämpfen. Vorzugsweise geht er in Ninja-Technik vor, schleicht mordend durch ein Haus und erledigt effizient einen nach dem anderen. In der direkten Konfrontation ist er stets höflich und warnt seine Gegner vor den Konsequenzen ihres Handelns. Meistens ignorieren sie die Worte des alten Mannes, weil sie jung und überheblich sind und ihre Fähigkeiten überschätzen. Unterhaltsam ist das auf jeden Fall, auch beim achten oder zehnten Mal.
Anstatt mit einer spannungsgeladenen Actionsequenz zu beginnen, zeigen uns Regisseur Antoine Fuqua und sein Drehbuchautor Richard Wenk nur das blutige Resultat eines heftigen Kampfes. Ein unkonventioneller Schritt, der aber Sinn macht, weil tatsächlich fast die einzige Form der Action in diesem Film die Kampfszenen sind. Verfolgungsjagden sind wohl nur für Leute wie James Bond, Ethan Hunt oder Jason Bourne.
Erstaunlich gemächlich und handlungsarm geht es anschließend weiter. McCall genießt seine Rekonvaleszenz und das dolce vita an der süditalienischen Küste, die sich von ihrer hübschesten Seite zeigt. Alle Menschen sind unglaublich nett und zuvorkommend, und wäre das Wetter besser und würde die Regie nicht dunkel dräuende Wolken bevorzugen, könnte man das Ganze für einen Werbefilm der Touristikbranche halten. Eine freundliche Kellnerin nimmt McCall mit, um ihm das typische Italien und vor allem die Esskultur nahezubringen – und was serviert sie ihm? Kebap! Muss wohl eine Spezialität der Region sein.
Zwischendurch kommt Dakota Fanning ein paar Mal vom Set von Ripley (praktischerweise wurde die Serie am gleichen Ort gedreht) herübergeschlendert, um mit McCall zu plaudern und sich von ihm ihren Fall erklären zu lassen, der ebenso schlicht wie undurchsichtig ist. Und bei genauerem Nachdenken auch nicht allzu viel Sinn ergibt. Aber letzten Endes wissen wir ja, dass es die Mafia ist, die hinter all dem Übel steckt, also braucht man nicht groß über Details nachzudenken.
Man kann diese Schlichtheit, diese fehlende Raffinesse durchaus beklagen, ebenso wie die Tatsache, dass McCall völlig unberührt und unberührbar durch das Kampfgetümmel schreitet wie ein rachsüchtiger Gott. In den vorherigen Abenteuern musste er noch einiges einstecken und zum Teil schwere persönliche Verluste verarbeiten, doch das finale Kapitel ist wie eine Urlaubsreise mit ein bisschen Leibesertüchtigung. Es sei ihm gegönnt, denn der Film ist trotz seiner vielen Schwächen nicht nur hübsch anzuschauen, sondern auch kurzweilig. Und leiden müssen hier vor allem andere, etwa die Familie eines bedauernswerten Polizisten. Aber in Italien ist nichts so schlimm, dass nicht ein gutes Essen oder ein pittoreskes Feuerwerk alle Unbilden vergessen lassen.
Note: 3