Nach zwei schwachen Filmen wollte ich unbedingt mit einem Beitrag enden, der einen etwas positiver ins Wochenende schickt. In den letzten Monaten haben wir auf Magenta TV+ Call my Agent! gesehen, eine französische Komödienserie, die von 2015 bis 2020 lief und vom alltäglichen Wahnsinn in einer Schauspielagentur in Paris erzählt, die viele der großen Stars vertritt. Es gibt zwar einen roten Faden in der Handlung, in dem es um das turbulente (Liebes)leben der Agenten geht, in jeder Folge hat aber ein Filmstar einen Gastauftritt. Dank meiner beklagenswerten Lücken in der französischen Filmgeschichte sind mir leider die Namen vieler Gaststars nicht geläufig, andere kenne ich immerhin vom Sehen, und gar nicht mal so wenige sind sogar mir bekannt: Juliette Binoche, Isabelle Huppert, Monica Belluci, Isabelle Adjani oder Cécile de France lassen sich alle bereitwillig durch den Kakao ziehen oder parodieren ihr Image. Sogar Sigourney Weaver ist dabei. Insgesamt ein großes Vergnügen.
In der zweiten Folge taucht Line Renaud auf, von der ich noch nie gehört hatte, obwohl sie auch in der Erfolgskomödie Willkommen bei den Sch’tis mitgewirkt hat. In erster Linie ist sie jedoch Sängerin und ein großer Bühnenstar, hat aber auch in achtzig Filmen mitgespielt. Und sie arbeitet immer noch – mit Mitte neunzig.
Im Taxi mit Madeleine
Charles (Dany Boon) ist ein Pariser Taxifahrer, der seinen Beruf zwar liebt, aber leider nicht sehr viel damit verdient. Die Schulden drücken, und er überlegt, seinen erfolgreichen Bruder um ein Darlehen zu bitten, obwohl die beiden sich seit Jahren auseinandergelebt haben. Weil er das Geld braucht, nimmt er trotz seines kurz bevorstehenden Feierabends noch eine Fahrt nach Bry-sur-Marne im Speckgürtel der Hauptstadt an. Die alleinstehende, über neunzigjährige Madeleine (Line Renaud) wurde von ihrem Arzt überredet, in ein Pflegeheim zu ziehen, das am anderen Ende von Paris liegt, und auf dem Weg dorthin überredet sie Charles, ein paar kleine Umwege zu fahren, um noch einmal die Orte ihrer Jugend zu sehen.
Vor etlichen Jahren ging auf Facebook eine ähnliche Geschichte viral, die von einer betagten Amerikanerin handelte, die sich kreuz und quer durch Manhattan fahren ließ und dem Taxifahrer dabei erzählte, wie die Stadt in ihrer Jugend ausgesehen hat, wo sie als junge Frau tanzen war oder ihren Mann kennengelernt hat. Ob diese Anekdote eine der Inspirationen für das Drehbuch von Regisseur Christian Carion und Cyril Gely war, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber auch nicht völlig ausschließen.
Im Taxi mit Madeleine lebt von seiner charmanten, charismatischen weiblichen Hauptfigur, die eine solche Lebensfreude und Freundlichkeit ausstrahlt, dass es ein großes Vergnügen ist, ihr die neunzig Minuten lang zuzusehen. In erster Linie hört man ihr allerdings zu, denn abgesehen von einigen Rückblenden, die Madeleines Erzählungen über ihre schwierige Vergangenheit und die Tragödien ihres Lebens bebildern, gibt es nur den Dialog zwischen Charles und seinem Gast.
Es ist ein im besten Sinne kleiner Film, der einige dramatische Momente beinhaltet und mit einem zwar vorhersehbaren, aber doch sehr emotionalen Finale aufwartet, in erster Linie aber von seinen beiden vorzüglichen Hauptdarstellern lebt, denen man noch viel länger hätte zuhören können. Mehr braucht man über diesen entzückenden Film nicht zu wissen, man sollte ihn lieber anschauen. Vielleicht im Open-Air-Kino oder auf Wow.
Note: 3+