Seit seiner Premiere im vergangenen Jahr hat man immer wieder von dem Film gehört – und erfreulicherweise nur Gutes. Auch sein IMDb-Wert mit derzeit 7,1 ist überdurchschnittlich für ein Genre, dessen Beiträge meist im Bereich unter 6 angesiedelt sind, also in der kinematografischen Schmuddelecke. Grund genug, den Film gleich zum Start anzuschauen.
Late Night with the Devil
Jack Delroy (David Dastmalchian) ist ein US-amerikanischer Late-Night-Talkmaster, dessen Show Night Owl von Anfang an die ewige Nummer Zwei hinter The Tonight Show mit Johnny Carson war. Nach dem tragischen Krebstod seiner geliebten Frau zieht sich Delroy für eine Weile zurück, kann danach aber nicht mehr an seinen früheren Erfolg anknüpfen und verliert mehr und mehr Zuschauer. Weil Ende Oktober traditionell die Quoten gemessen werden und anhand der Ergebnisse die Sender über eine weitere Verlängerung entscheiden, beschließt Delroy, an Halloween 1977 eine Sondersendung über übernatürliche Phänomene zu machen, die in die Geschichte des Fernsehens einging.
Im Horrorgenre gibt es keine originellen Geschichten mehr, was man zur Zeit vor allem an den mehr oder weniger erfolgreichen Versuchen, klassische Franchises wiederzubeleben, festmachen kann. Auch Late Night with the Devil ist zunächst ein klassischer Found-Foutage-Film wie man ihn schon häufig gesehen hat, besitzt durch sein ungewöhnliches Setting jedoch ein Alleinstellungsmerkmal, das bemerkenswert ist. Ein Fernsehstudio ist nicht unbedingt der Ort, den man mit Horror assoziiert, zumindest nicht in dem Sinne des Genres.
Bevor die eigentliche Geschichte beginnt, wird in einer dokumentarischen Einführung die gesamte Backstory des Moderators und seiner Sendung erzählt. Delroy wird dabei als Mitglied des Bohemian Club geoutet, der in Verbindung mit satanischen Ritualen stehen soll. Damit wird einerseits schon viel zu viel verraten, andererseits bemühen die Autoren und Regisseure Cameron Cairnes und Colin Cairnes damit ein Klischee, das umso lächerlicher wirkt, wenn man beispielsweise weiß, dass auch der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt regelmäßig in Bohemian Grove war.
Obwohl man auf diese Weise bereits in den ersten Minuten weiß, worauf die Story hinaus will, fehlt ihr insgesamt ein klares Ziel. Über weite Strecken ist sie, gemäß der Natur der Sendung, eine reine Nummernrevue, gefolgt von einem zerfaserten Ende, das leider ziemlich beliebig und unentschlossen wirkt.
Aber von diesen Schwächen abgesehen, ist Late Night with the Devil ein überaus gelungener Film. Das Siebzigerjahre-Setting ist großartig, von der Farbgebung, dem Format, den Kulissen, Kostümen und Frisuren bis hin zur schauspielerischen Darstellung hat man tatsächlich das Gefühl, eine alte TV-Aufzeichnung zu sehen. Dazwischen gibt es einige Schwarz-Weiß-Aufnahmen von den Ereignissen in den zahlreichen Werbepausen, die nicht minder erhellend sind.
Zu den Gästen gehören ein Bühnenmagier (Fayssal Bazzi), dessen Tricks nicht durchweg funktionieren, ein Skeptiker (Ian Bliss), der als maliziöser Querdenker für bissige Kommentare sorgt und versucht, die vermeintlichen übernatürlichen Ereignisse rational zu erklären, sowie eine Buchautorin (Laura Gordon), die ein junges Mädchen (Ingrid Torelli) vorstellt, das von einem Dämon besessen sein soll. Eine illustre Runde, durch deren Zusammensetzung Kontroversen und Konflikte vorprogrammiert sind.
Über weite Strecken ist der Film mehr eine Horrorkomödie oder vielleicht auch eine Parodie. Wirkliche Gruselmomente gibt es kaum, Jump-Scares kommen auch so gut wie gar nicht vor, und erst im letzten Drittel wird die Spannungsschraube weiter angezogen. Das chaotische und blutige Finale dürfte dann aber genau nach dem Geschmack der Genrefans sein und wird einem noch eine Weile im Gedächtnis bleiben.
Wer Horrorfilme mag, darf diesen innovativen und gut gemachten Film nicht verpassen.
Note: 3+