Heute ist internationaler Frauentag, und ich habe lange überlegt, welchen Film ich zu diesem Anlass auswählen soll. Zwar habe ich eine ganze Reihe potenzieller Kandidaten gefunden, darunter auch einen, der für einige Oscars nominiert ist, aber keiner davon verdiente eine klare Empfehlung. Schade, dass Kleine schmutzige Briefe erst in einigen Wochen startet.
Seit 2007 untersucht eine Forschungsgruppe in den USA, wie sich die Geschlechterverteilung in Hollywoodfilmen gestaltet. 2022 wurde ein Rekord vermeldet, gab es doch in 44 der erfolgreichsten 100 Filme eine alleinige weibliche Hauptfigur oder zumindest eine gleichberechtigte Co-Partnerin. Im vergangenen Jahr waren es nur 30 – der niedrigste Wert seit vierzehn Jahren.
Zwar hat man nicht das Gefühl, dass es zu wenige Stoffe mit starken Frauen gibt, vor allem wenn man auch die weniger erfolgreichen Produktionen und diversen Streamingserien hinzurechnet, doch lässt sich nicht leugnen, dass sie vor allem in den Großproduktionen unterrepräsentiert sind. Denn die erfolgreichsten Filme sind ja oft auch die besonders teuren und prestigeträchtigen, und wenn man sich diese Liste anschaut, stößt man hauptsächlich auf Männerfiguren wie Oppenheimer, Wonka oder John Wick. Da steht Barbie weitgehend allein auf breiter Flur.
The Woman King war vor zwei Jahren unter den Top 30 und damit einer jener Filme dieses besonders frauenaffinen Jahrgangs, bei uns kam er hingegen weniger gut an und erreichte lediglich 76.000 Besucher. Als Fan von Historiendramen interessierte mich die Geschichte zwar, allerdings auch nicht so sehr, dass ich mir den Film auch im Kino angesehen hätte. Der Grund dafür war ein wenig packender Trailer, der bereits alles über die Geschichte zu verraten schien. Nun habe ich die Produktion auf Wow nachgeholt.
The Woman King
Anfang des 19. Jahrhunderts ist das westafrikanische Königreich Dahomey seinem Nachbarland Oyo tributpflichtig. Dennoch überfallen Krieger der Oyo das Land und entführen seine Einwohner, um sie als Sklaven an europäische und amerikanische Händler zu verkaufen. Der Generalin Nanisca (Viola Davis) ist der Sklavenhandel, dem auch ihr eigener König Ghezo (John Boyega) frönt, ein Gräuel, und sie will ihn ein für allemal beenden. Ghezo will jedoch vor allem die Vorherrschaft der Oyo brechen und riskiert dafür einen Krieg. Gleichzeitig kommt die junge, rebellische Nawi (Thuso Mbedu) als Rekrutin in das weibliche Regiment und durchläuft die harte Ausbildung zur Kriegerin. Dabei entdeckt Nanisca, dass Nawi und sie durch das Schicksal verbunden sind …
Die Agojie, wie die Kriegerinnen von Dahomey genannt wurden, waren das historische Vorbild für die Dora Milaje in den Black Panther-Comics und deren Adaptionen. Einen Film über die historischen Vorbilder zu machen, noch dazu einen Actionfilm, ist in Zeiten von Black Lives Matters und #MeToo also nicht verwunderlich, sondern legitim. Und bereits die fulminante Eröffnungsszene, in der die Kriegerinnen eine Einheit der Oyo besiegen und ihre gefangenen Landsleute befreien, etabliert die Soldatinnen als selbstbewusste, starke Frauen, die sich von keinem Mann etwas sagen lassen.
Leider geht es nicht in diesem Tempo und auch nicht so packend weiter. Natürlich müssen zuerst noch die handelnden Figuren vorgestellt werden, insbesondere die beiden Hauptfiguren Nanisca und Nawi. Die junge Nawi widersetzt sich der Absicht ihres Vaters, einen reichen, aber despotischen Mann zu heiraten, sie will selbst über ihr Leben bestimmen und eine berühmte Kriegerin werden. Dass es ihr dabei an Disziplin mangelt, sorgt anfangs für einige Konflikte, aber dank der Unterstützung ihrer Mentorin Izogie (Lashana Lynch) wird sie mit der Zeit zu einer tapferen Kämpferin.
Das alles wird solide geschildert, lässt aber leider an Spannung oder interessanten Konflikten missen. Hinzukommt eine angedeutete Liebesgeschichte mit einem brasilianischen Händler, die zwar mit dem Keuschheitsgebot kollidiert, was aber nie zu einem Konflikt führt. Auch kommt man weder Nawi besonders nahe noch scheint sie ernsthaft in Schwierigkeiten zu geraten. Aus all dem hätte man wesentlich mehr herausholen können.
Am vielversprechendsten sind noch die Auseinandersetzungen mit den Oyo, repräsentiert durch den General Oba Ade (Jimmy Odukoya), der sich auch wie ein klassischer Schurke verhält. Zwischen ihm und Nanisca gibt es eine längere Vorgeschichte, die in kurzen Rückblende erläutert wird und in der die Generalin als junge Soldatin in Oba Ades Gefangenschaft geriet. Das alles wird solide erzählt, hätte von der Regisseurin Gina Prince-Bythewood aber emotionaler und packender inszeniert werden können. Das gilt auch für die Palastintrigen, mit denen sich Nanisca herumschlagen muss.
Nach einer etwas langsamen ersten Hälfte, in die sich einige Längen schleichen, kommt in der zweiten Hälfte des insgesamt etwas zu langen Films endlich Bewegung. Der Krieg gegen die Oyo bricht aus und erreicht mit einer gelungen inszenierten Schlacht seinen Höhepunkt, auf den ein nicht weniger spannendes Finale folgt.
Alles in allem ein solider, etwas langatmiger, zum Ende hin aber ungemein packender Film mit einem ungewöhnlichen Setting und interessanten Figuren.
Note: 3