Vergangenes Wochenende haben wir einen Ausflug nach Leonberg bei Stuttgart gemacht, um auf der größten Imax-Leinwand der Welt Dune: Part Two anzuschauen. Da der Film komplett für Imax gedreht wurde, ist dies wohl der beste Ort, um ihn zu goutieren. Leider bedeutete es auch, dass dafür der ganze Tag draufging. Aber was tut man nicht alles für die Kunst?
Ich bin kein riesiger Fan von Science-Fiction-Romanen, aber Der Wüstenplanet habe ich als Teenager sehr gerne gelesen, und ich bin erstaunt, wie viele Namen und Details bei mir selbst Jahrzehnte später noch präsent sind. Leider haben mir die Fortsetzungen nicht so gut gefallen, so dass ich nach Teil drei aufgehört habe zu lesen. Die übrigen vier Bücher (eigentlich fünf, da der siebte Band in zwei Teilen erschienen ist) habe ich mir ebenso geschenkt wie die von Frank Herberts Sohn verfassten Prequels (immerhin auch sechs Bände), die sich unter anderem mit den Ereignissen vor Beginn des ersten Romans beschäftigen.
Dune: Part Two
Seit das Haus Atreides vernichtend von den Harkonnen und dem Imperator geschlagen wurde, leben Paul (Timothée Chalamet) und seine Mutter Jessica (Rebecca Ferguson) bei den Fremen in der Wüste Arrakis’. Stilgar (Javier Bardem), einer ihrer Anführer, glaubt fest an eine alte Prophezeiung, nach der eine „Stimme aus der Außenwelt“ die Fremen befreien und den Planeten in ein Paradies verwandeln wird. Doch Paul weiß, dass diese Legenden von den Bene Gesserit, einem weiblichen Orden, dem auch Jessica angehört, gestreut wurden, und er zögert, sie sich zu Nutzen zu machen, weil er Angst vor den Konsequenzen hat, die religiöser Fanatismus auslösen kann. Doch als das Haus Harkonnen unter ihrem Anführer (Stellan Skarsgård) und seinen Neffen Raban (Dave Bautista) und Feyd-Rautha (Austin Butler) die Fremen brutal abschlachtet, bleibt Paul keine andere Wahl.
Der erste Teil endete mit einem Massaker an den Truppen des Herzogs und dessen Tod. Nun lassen die Harkonnen die Leichen, die sich zu gewaltigen Bergen türmen, verbrennen – in krasser Missachtung der heimischen Regeln und Gebote, nach denen das Wasser der Toten für zukünftige Generationen entnommen und gespeichert wird. Selbst eine Träne gilt als kostbar und darf nicht verschüttet werden.
Wie vergiftet die Beziehungen zwischen den Fremen von Arrakis und ihren Besatzern sind, wird spätestens klar, wenn Paul und Jessica in einer der geheimen Städte ankommen, die sich tief unter den Bergen befinden. Anstatt mit offenen Armen empfangen oder als rechtmäßige Herrscher akzeptiert zu werden, müssen sich die beiden Fremden zunächst beweisen, um einen Platz in dieser sektiererischen Gesellschaft einnehmen zu können. Paul muss sich als Kämpfer und Anführer behaupten, während Jessica nur die Position einer Ehrwürdigen Mutter bleibt, die Stilgar ihr aufzwingt.
Wie weit sind Menschen bereit zu gehen, um Macht zu erlangen oder zu behaupten? Diese Frage zieht sich als Hauptthema durch den Film und wird auf unterschiedliche Weise beantwortet. Den Harkonnen geht es allein um Geld und politischen Einfluss, und dank des Zugriffs auf die Spice-Produktion von Arrakis, ohne die intergalaktische Raumfahrt unmöglich wäre, spielen sie eine Schlüsselrolle im Universum. Auch in der literarischen Vorlage werden die drei Mitglieder der Familie als verkommen und bösartig geschildert. Ein Menschenleben hat für sie keinen Wert, sie ermorden zum Spaß ihre Diener, etwa um die Schärfe eines Messers zu testen, und veranlassen einen Genozid an den Fremen, ohne mit der Wimper zu zucken. Auch der Imperator (Christopher Walken) tut alles, um auf seinem Thron zu bleiben, und ein Krieg ist dabei für ihn ein probates Mittel.
Leider kommen die politischen Intrigen ein wenig zu kurz, dabei wäre es interessant gewesen, die vielen Winkelzüge weiter zu verfolgen, die im ersten Teil angedeutet wurden. Mit Prinzessin Irulan (Florence Pugh) betritt nun zwar eine weitere Akteurin die Bühne und kommentiert das Geschehen in ihren Aufzeichnungen, aber ihre Rolle bleibt unbedeutend, ihre Verbindung zu den Bene Gesserit etwas unklar. Hier hätte man auf jeden Fall mehr herausholen können.
Aber auch die Helden der Geschichte sind keine reinen Lichtgestalten, wenngleich ihnen die Grausamkeit und der Sadismus ihrer Gegner fehlt. Vor allem Jessica ist von Ehrgeiz besessen und sogar bereit, ihre eigenen Kinder für das Erreichen ihrer Ziele zu opfern. Um Macht zu erlangen und Paul unterstützen zu können, muss sie sich einem Ritual unterziehen, in dem sie das „Wasser des Lebens“ trinkt, ein Gift, das aus jungen Sandwürmern gewonnen wird, das sie als Bene Gesserit zu neutralisieren gelernt hat. Diese Zeremonie ermöglicht es ihr, auf die Erinnerungen ihrer weiblichen Vorfahrinnen zuzugreifen, und da sie schwanger ist, ergeht es auch ihrer ungeborenen Tochter so. Um zu beweisen, dass Paul der Kwisatz Haderach ist, eine Art Übermensch, der einerseits auf die Erinnerungen seiner Vorfahren zurückgreifen kann, andererseits die Zukunft voraussieht, ist sie sogar bereit, sein Leben zu opfern. Ein gefährliches Spiel
Paul ist, wie sein Vater, ein eher gutherziger Charakter, der das Beste für die Menschen will, die ihm anempfohlen sind, aber Freiheit bedeutet für ihn vor allem die Freiheit von der Diktatur der anderen Häuser. Immerhin, und dies ist der faszinierendste Konflikt des Films, plagen ihn Skrupel, sich ganz der Macht hinzugeben. Dank seiner prophetischen Gabe sieht er die Konsequenzen seines Handelns voraus, insbesondere die unzähligen Opfer eines Krieges, der in seinem Namen geführt wird. Dass Paul diese Bürde nicht will, ist nachvollziehbar, doch am Ende zwingen ihn seine Feinde dazu, diesen Weg zu beschreiten, weil es die einzige Möglichkeit ist, selbst zu überleben.
Insofern ist das Herz der Handlung Pauls Wandlung vom verfolgten Herzogssohn zum Anführer einer großen Streitmacht, der es mit dem gesamten Imperium aufnimmt. Er weiß aber, dass diese Macht ihn verändern wird, und er hat Angst davor. Nur seine Liebe zu Chani (Zendaya) kann ihn vor dem Teil seiner Persönlichkeit bewahren, den er fürchtet, aber wenn er sich darauf einlässt, wird er sie vielleicht verlieren. Tatsächlich ist Chani die Einzige, die gegen die Verlockungen der Macht immun zu sein scheint. Sie will Arrakis befreien, aber nicht um jeden Preis, und das macht sie zur eigentlichen Heldin der Geschichte.
Frank Herbert hat das erste Buch in den Sechzigerjahren geschrieben, in einer Zeit großer Umbrüche, die sich entsprechend in der Handlung niederschlagen. So fließen die Angst vor der atomaren Vernichtung und vor der Herrschaft durch Künstliche Intelligenz ebenso in die Geschichte ein wie Betrachtungen über Ökologie, die Abhängigkeit der westlichen Welt vom Erdöl der arabischen Länder, Kolonialismus und Geopolitik. Ein wichtiges Element ist zudem die Auseinandersetzung mit (religiösem) Fanatismus, vor dem er eindringlich warnt.
Gerade dieses Thema macht Dune zu einem überaus aktuellen Film, der allerdings auf unterschiedlichste Weise interpretiert werden kann. Man kann Pauls Kampf als einen „gerechten Krieg“ für Freiheit und Gerechtigkeit deuten, aber auch als Rechtfertigung für einen Aufstand gegen einen (vermeintlichen) Unterdrücker. Star Wars beispielsweise war überall auf der Welt beliebt, und die Menschen haben sich mit Luke Skywalker und den Rebellen identifiziert. Doch während die einen darin vielleicht Vergleiche mit dem Kampf gegen Hitler und Nazi-Deutschland gezogen haben, haben andere im dunklen Imperium eher die USA gesehen und damit ihren Krieg gegen die Amerikaner gerechtfertigt. Dune könnte es ebenso gehen, insbesondere durch die explizite Darstellung islamisch inspirierter Kulturmerkmale.
Wäre es nicht bereits in der Vorlage so angelegt, könnte man Regisseur Denis Villeneuve den Griff in die Klischeekiste vorwerfen, doch anstatt dieser Tendenz entgegenzuwirken, unterstreicht er sie noch. So sind die Harkonnen nicht nur abgrundtief böse, sondern sehen auch noch so aus, als wären sie gerade unterwegs zu einer Bondage-Party im SM-Club. Da ist es visuell nur folgerichtig, dass die Szenen auf ihrer Heimatwelt in (betörendem) Schwarz-Weiß gedreht wurden.
Insgesamt gibt es aber nicht viel, was man an der Adaption kritisieren kann. Es wäre schön gewesen, hätte es für den Zuschauer, der die Vorlage nicht kennt, mehr Erklärungen gegeben. So werden, wie gesagt, manche politischen Intrigen nicht gut genug ausgeleuchtet, aber auch banalere Dinge wie das Reiten auf den Sandwürmern oder welche Bedeutung das Ritual hat, dem sie Jessica und Paul unterziehen, werden nicht ausreichend genug erklärt. Darüber hinaus wäre es schön gewesen, hätte es nicht nur fantastische Bilder gegeben, sondern auch brillante Dialoge. Da sieht man all diese großartigen Schauspieler in teils bizarren Kostümen und imposanten Kulissen, aber viel mehr als bedeutungsschwangeres Raunen bekommt man leider nicht von ihnen zu hören.
Ereignisse, die sich im Roman über mehrere Jahre erstreckt haben, passieren nun in wenigen Monaten, wodurch die Story ein wenig gehetzt wirkt. Das spürt man besonders im Finale, dessen Rhythmus nicht ausgewogen ist. Auch die Schlacht zwischen Paul und seinen Feinden fällt etwas zu kurz aus – nach all den Vorbereitungen hätte man sich schon etwas mehr Wumms gewünscht. Und dass, wie in Star Wars, das Drama in erster Linie eine Familientragödie ist, geht beinahe unter, da genealogische Verbindungen, die im Roman eine große Rolle spielen und viel dazu beitragen, die Figuren besser zu verstehen, komplett unter den Tisch fallen.
Das ist allerdings Meckern auf hohem Niveau. Dune und seine Fortsetzung sind visuell überaus beeindruckend, bestechen mit einem World-Building, das sich auf Augenhöhe mit Der Herr der Ringe befindet, und können bereits jetzt als Meisterwerke der Filmgeschichte betrachtet werden. Trotz seiner extrem langen Laufzeit stellen sich bei dem Film praktisch keine Längen ein, seine Actionsequenzen sind überaus spannend und dramatisch. Und doch ist das Ende nicht ganz zufriedenstellend.
Einerseits liegt das, wie bereits erwähnt, an der etwas gehetzten Erzählweise, andererseits liebäugelt der Regisseur bereits mit Teil drei und wollte entsprechende Weichen stellen. Das ist schade, denn Pauls Geschichte einer Rache ist auserzählt, und – das muss man Villeneuve hoch anrechnen – nicht als ruhmreiches Heldenepos. Paul muss einen hohen Preis für seinen Sieg und den Griff nach der Macht bezahlen und steht, wie seine Feinde zu Beginn, vor einem Berg brennender Menschenleiber.
Note: 2+