Es war einmal vor langer, langer Zeit, da gab es einen erfolgreichen Animationsfilm namens Shrek – Der tollkühne Held, der auf charmante, rotzig-freche Art und Weise europäische Märchen und ihre weichgespülten Disney-Adaptionen durch den Kakao gezogen hat. Diese Geschichte war so erfolgreich, dass sie fortgesetzt werden musste, und weil die Zuschauer immer noch nicht genug davon hatten, gab es auch noch ein Spin-off namens Der gestiefelte Kater.
Das ist bereits über zehn Jahre her, und weil Hollywood heutzutage nicht mehr viel Neues einfällt und sich gerne auf frühere Erfolge besinnt, gab es nun eine späte Fortsetzung, und auch von Shrek soll es wohl in den nächsten Jahren eine neue Geschichte geben. Der Animationsfilm kam beim Publikum erstaunlich gut an, und in der Weihnachtszeit habe ich ihm bei Wow eine Chance gegeben.
Der gestiefelte Kater: Der letzte Wunsch
Ein gewalttätiger Erdriese sprengt die Party des gestiefelten Katers, der es zwar schafft, ihn in einem spektakulären Kampf zu besiegen, dabei jedoch selbst sein Leben lässt. Der Arzt, der ihn behandelt, forscht nach, und tatsächlich hat der Kater bereits acht seiner neun Leben verloren. Als er dann auch noch auf den Tod in Gestalt eines Wolfs trifft, der ihm sein letztes Leben nehmen will, beschließt er, sein Dasein als furchtloser Held an den Nagel zu hängen. Doch dann tauchen Goldlöckchen und die drei Bären auf, die einen gefallenen Wunschstern suchen, und der Kater schöpft neue Hoffnung.
Der gestiefelte Kater aus dem Shrek-Universum ist kein sympathischer Geselle, er ist arrogant, narzisstisch und selbstverliebt, und warum er mit spanischem Akzent spricht, obwohl die Märchengestalt eher aus dem italienischen bzw. französischen Sprachraum stammt, bleibt wohl auf ewig ein Geheimnis. Dennoch hat man als Zuschauer Mitleid mit der Figur, wenn sie auf der Flucht vor dem Tod um ihr letztes verbliebenes Leben bangen muss. Weil sie plötzlich zum ersten Mal menschlich und verletzlich wirkt.
Mit diesem Kniff bekommt die Story eine Ernsthaftigkeit, die man in diesem Segment nicht vermutet hätte, andererseits beschäftigen sich nicht wenige Animationsfilme unserer Zeit mit den großen Fragen, freilich auf eine eher spielerische Weise. Aber die anarchistische Heiterkeit und vor allem die Leichtigkeit, die die Shrek-Filme ausgemacht haben, sucht man dennoch hier vergeblich.
Neben dem Kater ist auch sein Love-Interest Kitty Samtpfote wieder mit dabei, und die beiden haben eine Menge Beziehungsstress abzuarbeiten, da sie beide unter Bindungsangst leiden und niemandem vertrauen können. Deshalb ist es naheliegend, ihnen einen witzigen Begleiter in Form eines Hündchens mitzugeben, das so liebesbedürftig, anhänglich und vertrauensselig ist, dass man es als hoffnungslos naiv bezeichnen kann. Andererseits gelingt es dem Kleinen auch, die Herzen der abgebrühten Helden zu erwärmen und in ihnen familiäre Gefühle zu wecken.
Die Handlung selbst besteht größtenteils aus einer Quest, der Suche nach dem Glücksstern, der dem Finder Wünsche erfüllt. Hier treffen verschiedene Figuren aufeinander und treten gegeneinander an, denn der Stern weckt Begehrlichkeiten in Goldlöckchen und ihrer Bärenfamilie, aber auch in Jack Horner, der alle Magie der Welt an sich reißen will. Die Figur des Jack wirkt auf hiesige Zuschauer vermutlich etwas befremdlich und schwer einzuordnen, geht sie doch auf eine eher unbekannte Gestalt aus einem englischen Kinderreim zurück und beschreibt auf satirische Weise einen opportunistischen Charakter, der auf betrügerische Art seinen Nutzen aus einer Aufgabe zu ziehen versteht. Beschrieben wird dies damit, dass er seinen Daumen in den Weihnachtskuchen steckt und eine Pflaume herausholt. Andere Länder, andere Sitten.
Letzten Endes sind diese Anspielungen aber nicht so wichtig, denn mit Jack gibt es einen skrupellosen Verfolger, der bereit ist, für das Erreichen seiner Ziele über Leichen zu gehen. Vor allem über die Leichen seiner Gehilfen, deren Ableben bisweilen erstaunlich grausam bebildert wird. In manchen Momenten fragt man sich bei diesem Bodycount tatsächlich, wie die Produktion eine FSK 6 bekommen hat.
Nach einem fulminanten Anfang mit einer neuen, sympathischeren Hauptfigur geht der Geschichte jedoch leider schnell die Puste aus. Vor allem die Suche nach dem Stern ist wenig abwechslungsreich geschrieben und lässt sowohl an Spannung als auch an Humor fehlen. Schuld ist zum Teil sicherlich auch die unausgewogene Animation, die bisweilen hilflos zwischen den Stilen schwankt, zwischen gelackter computergenerierter Animation und mit grobem Pinsel gezeichneter Bilderbuchskizze. Was in den animierten Spider-Man-Filmen perfekt funktioniert, wirkt hier inkohärent und willkürlich.
Nichts an der Geschichte kann überraschen, am wenigsten die Message, dass es nicht auf die Anzahl (oder die Länge) des Lebens ankommt, sondern darauf, was man mit ihm anfängt, und dennoch ist man am Schluss ein wenig berührt. Vielleicht weil der gestiefelte Kater so menschlich und nahbar ist wie nie zuvor.
Note: 3