M3gan

Böse Roboter/Automaten/Androiden sind in der Literatur- und Filmgeschichte beileibe nichts Neues mehr, sondern schon seit dem 19. Jahrhundert ein fester Bestandteil des Horrorgenres. Mit Talos von Kreta gab es sogar bereits vor zweitausend Jahren schon ein künstliches, aus Metall gefertigtes Wesen, das als Wächter der Insel galt und ihre Bewohner beschützte. Ein antiker Kampfroboter also.

Der Trailer zu M3gan ließ solide Unterhaltung erwarten, und weil ich ihn im Kino verpasst habe, wo er immerhin so erfolgreich war, dass für Anfang 2025 eine Fortsetzung angekündigt wurde, habe ich ihn auf Wow nachgeholt. Horrorfilme sind ja ebenfalls gute Date-Movies, da sich der Partner, der sich am leichtesten gruselt, in die rettenden Arme seines Nachbarn oder seiner Nachbarin flüchten kann.

M3gan

Die neunjährige Cady (Violet McGraw) verliert bei einem Autounfall ihre Eltern und zieht zu ihrer Tante Gemma (Allison Williams), die als Entwicklerin in einer Spielzeugfabrik arbeitet. Mit Kindern hat sie jedoch nicht viel am Hut, weshalb die ersten Tage mit Cady schwierig verlaufen. Gemma arbeitet schon lange an Androiden mit künstlicher Intelligenz, und so konstruiert sie für Cady eine Freundin namens M3gan, die mit ihr spielen, auf sie aufpassen und erziehen soll. M3gan lernt schnell, sich selbst zu verbessern, und entwickelt mit der Zeit extrem starke Beschützerinstinkte, denen bald jemand zum Opfer fällt.

1942 postulierte der Schriftsteller Isaak Asimov zum ersten Mal die drei Robotergesetze, deren erstes lautet, dass kein Roboter einem menschlichen Wesen Leid zufügen oder zulassen dürfe, dass ihm etwas geschieht. An letzteres hält sich M3gan, zumindest wenn es um Cady geht, ersteres scheint bei ihrer Programmierung vergessen worden zu sein. Möglicherweise ist diese Schwäche auch auf eine Fehlfunktion zurückzuführen, da man in einer Szene sieht, wie bei M3gan eine Art Kurzschluss entsteht.

Natürlich ist M3gan nicht die erste mordende Puppe, nicht einmal die bekannteste. Dies dürfte wohl Chucky sein, der seit 1988 auf ein ganzes Franchise zurückblicken kann und immer noch (zurzeit in einer Fernsehserie) aktiv ist. Vor ein paar Jahren gab es noch The Boy und dessen Fortsetzung, und auch sonst bevölkern zahlreiche Puppen und Androiden das Horrorgenre. Originell ist die Grundidee also nicht. M3gan unterscheidet sich von den meisten anderen Produktionen allerdings dadurch, dass die Puppe bzw. der Android nicht von einem bösen Geist besessen, sondern mit einer künstlichen Intelligenz ausgestattet ist, die sich selbständig weiterentwickelt und dabei einen erstaunlichen Mangel an Moral an den Tag legt.

Insofern passt das Thema dann doch gut in unsere Zeit, in der wir mit Maschinen chatten, ohne zu merken, dass sie nicht menschlich sind. Ein Gedanke, der immer noch vielen Menschen einen Schauer über den Rücken laufen lässt. Wenn ich allerdings daran denke, dass unser Smartspeaker die Hälfte der Befehle falsch oder gar nicht versteht, glaube ich, dass wir noch einige Jahre von den Horrorszenarien diverser Filme entfernt sind.

Akela Cooper, von der das Drehbuch stammt, lässt sich anfangs viel Zeit, das Setting zu etablieren und die Figuren vorzustellen. Man weiß auf den ersten Blick, dass Gemma zwar ein Nerd, aber ganz sympathisch ist, und lernen muss, auf Cadys Bedürfnisse einzugehen. Erziehung ist nichts, was man Maschinen überlassen sollte, lautet die Botschaft des Films, die sich an alle gestressten und überarbeiteten Eltern wendet. Nehmt euch mehr Zeit für eure Kinder und überlasst sie nicht den Bildschirmen, sozialen Medien und menschlichen Maschinen (falls sie jemals so weit wie M3gan sein werden).

Bis die böse Puppe das erste Mal mordet, dauert es leider eine ganze Weile, und die gesamte Handlung spult sich auch danach genau so vorhersehbar ab, wie man das aus anderen Beispielen des Genres kennt. Richtig gruselig wird es nie, auch nicht eklig oder spannend, was daran liegt, dass die ursprünglich sehr viel blutigere Geschichte zugunsten einer niedrigeren Altersfreigabe entschärft wurde. Regisseur Gerard Johnstone liefert insgesamt eine solide, allerdings auch wenig einfallsreiche Inszenierung ab, die den Erwartungen entspricht und frei von Überraschungen ist. Das ist vielleicht etwas wenig, aber deutlich mehr als das Gros des Genres zu bieten hat.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.