Das Leben ein Tanz

Wie auch der Beitrag zum morgigen Film lag dieser sehr lange auf Halde. Gesehen habe ich beide Produktionen im Sommer vergangenen Jahres auf Vorführungen am Rande des Münchener Filmfests. Aber zuerst musste ich lange warten, bis die Filme zum Einsatz kamen, dann kam die lange Unterbrechung wegen unseres Urlaubs hinzu, und irgendwie sind sie und einige andere dabei in Vergessenheit geraten. Das Leben ein Tanz ist bei Wow zu sehen.

Das Leben ein Tanz

Kurz nachdem die Ballerina Elise (Marion Barbeau) entdeckt hat, dass ihr Freund sie mit einer Kollegin betrügt, knickt sie während einer Vorstellung um und bricht sich den Knöchel. Die Verletzung zwingt sie zu einer mehrmonatigen Pause, die Ärzte raten ihr sogar, mindestens ein, vielleicht sogar zwei Jahre lang nicht zu tanzen – was für sie einem Karriereende gleichkommt. Elise muss sich neu orientieren, neues Vertrauen in ihre Fähigkeiten, aber auch in die Liebe finden.

Regisseur Cédric Klapisch ist spätestens seit L’auberge espagnole – Barcelona für ein Jahr ein Spezialist für französische Komödien, dem es wie kein zweiter gelingt, Heiterkeit und Leichtigkeit zu zelebrieren und die Zuschauer zum Lachen wie zum Nachdenken zu bewegen. Beeindruckend sind in Das Leben ein Tanz besonders die Szenen, in denen er die diversen Ballettaufführungen einfängt. Das beginnt mit einer sehr langen Sequenz, in der wir Elise und ihr Ensemble kurz vor und während eines Auftritts erleben und die großartig und intensiv inszeniert ist, und endet schließlich mit der Premiere eines Stücks modernen Balletts von Hofesh Shechter, der sich im Film selbst spielt. Klapisch findet dabei nicht nur immer wieder neue, aufregende Blickwinkel, sondern schafft es zudem, Musik und Tanz in Relation zur emotionalen Befindlichkeit seiner Hauptfigur zu setzen.

Es hilft natürlich, dass er mit Marion Barbeau eine ausgebildete Ballerina als Protagonistin eingesetzt hat, die für ein Schauspieldebüt erstaunlich gut agiert und überzeugend Elises Zweifel und Ängste transportiert. Sehr geschickt setzt das Drehbuch von Klapisch und Santiago Amigorena dabei ihre physische Verletzung mit der emotionalen gleich, so dass von Anfang an klar ist, dass sie erst dann wieder tanzen kann, wenn ihr Herz geheilt ist. Die Frage ist nur, welcher Mann es erobern wird. Darüber hinaus muss Elise sich aber auch mit ihrem Vater auseinandersetzen, der sie zu wenig unterstützt hat.

Zu einer guten Geschichte gehören auch wunderbare Nebenfiguren, und die Autoren haben nicht nur mit dem nörgeligen Vater eine großartige geschaffen, sondern auch noch einige andere, die noch lange in Erinnerung bleiben werden. Sei es die eigenwillige Hotelbesitzerin (Muriel Robin), die ausschließlich an Künstler vermietet und in deren Haus Elise genau den beschützten Raum findet, den sie zum Heilen braucht. Oder der verpeilte Physiotherapeut (François Civil), der zu Elises Verehrern gehört. Für die meiste Komik sorgen

jedoch Sabrina (Souheila Yacoub) und ihr Freund Loïc (Pio Marmaï), die sich wegen der banalsten Dinge streiten und dann leidenschaftlich versöhnen.

Dank dieser feinen, oft treffsicher auf den Punkt gebrachten Miniaturen fallen die kleineren Längen, die sich im Mittelteil einstellen, und der Mangel an großen Konflikten kaum ins Gewicht. Insgesamt ein unterhaltsamer, schön bebilderter Film mit großartigen Tanzszenen.

Note: 2-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.