Weiter geht es mit Indiana Jones. Den zweiten Teil habe ich immerhin zweimal gesehen, einmal Anfang der Neunziger und dann noch einmal vor ca. fünfzehn Jahren. Damals habe ich sogar hier ein paar Zeilen über ihn verloren und ihm die Note 3 gegeben. Daher war ich neugierig, wie er heute auf mich wirken würde.
Indiana Jones und der Tempel des Todes
1935 trifft sich Indiana Jones (Harrison Ford) in einem Nachtclub in Shanghai mit einer Gruppe Gangster, um eine antike Urne gegen einen Diamanten auszutauschen. Dabei wird Indy von seinem Gegner vergiftet, und er nimmt die amerikanische Sängerin Willie (Kate Capshaw) als Geisel. Im Kampf geht der Diamant zwar verloren, aber Indy erhält dank Willie das Gegengift und kann mit Hilfe des chinesischen Jungen Shorty (Ka Huy Quan) fliehen. Die drei entkommen – mit einem Flugzeug der Gangster, die dieses abstürzen lassen. So stranden sie in Indien, wo sie auf ein verzweifeltes Dorf treffen, das sie um Hilfe anfleht: Ein Todeskult hat ihren heiligen Shankara-Stein gestohlen, und Indy soll ihn wiederbeschaffen.
Nachdem der erste Teil so überaus erfolgreich gewesen war, musste eine Fortsetzung gedreht werden, das war schon damals ehernes Gesetz in Hollywood. Man entschied sich aber nicht für ein Sequel, sondern für ein Prequel, das ein Jahr vor dem ersten Abenteuer spielt und als eigene Geschichte funktioniert. Das macht Sinn, weil die Gegenspieler aus Jäger des verlorenen Schatzes ohnehin nicht mehr zur Verfügung standen und man inhaltlich vermutlich andere Wege beschreiten wollte, als Indy erneut im Auftrag der Regierung nach etwas jagen zu lassen. So konnte man auch auf Marion Ravenwood verzichten, denn ein Held wie Indy sollte nicht romantisch gebunden sein. Dafür gibt es nun mit Shorty eine Art Adoptivkind, das er allerdings mehr wie ein ihm zugelaufenes Haustier behandelt und dessen späteres Schicksal rätselhaft bleibt. Eine das Franchise übergreifende Geschichte, wie man sie heute gewohnt ist, hat man den Zuschauern damals wohl nicht zumuten wollen.
Das Drehbuch von Willard Huyck und Gloria Katz gibt sich immerhin Mühe, eine komplexe und abwechslungsreiche Story auszubreiten, bei der die obligatorische Actionsequenz am Anfang tatsächlich als Ouvertüre des späteren Abenteuers dient. Wirklich Sinn macht sie bei näherer Betrachtung allerdings nicht, vor allem der manipulierte Flugzeugabsturz. Unterhaltsam ist sie jedoch allemal und stellt wie im ersten Teil den Höhepunkt des gesamten Films dar.
Mit der Ankunft und den Abenteuern im Palast des Todeskultes driftet der Film dann endgültig ins Reich der Fantasie ab. Vieles davon scheint Spielberg später in seiner Produktion Das Geheimnis des verborgenen Tempels kopiert zu haben, etwa die Sekte mit ihren Gesängen und seltsamen Riten. Tatsächlich wirkt der Todeskult, der seine Opfer mit einem Trank in gefühlskalte Killermaschinen verwandelt, als stünden sie unter Hypnose, wie aus einem schlechten Comic. Dabei werden seltsamerweise auch Elemente des Voodoo-Kults beigemischt, die hier nun überhaupt nichts zu suchen haben und die Ignoranz der Autoren unterstreichen. Man kann einfach nichts davon ernst nehmen.
Mit seiner comichaften Überhöhung unterscheidet sich der Film auch von seinem Vorgänger, der weniger albern, dafür aber brutaler war, obwohl auch im zweiten Teil Gewalt eine große Rolle spielt, und grausame Tötungen inszeniert werden. Insgesamt wirkt er aber familientauglicher, was nicht zuletzt an Shorty liegt, der mit seinen altklugen Kommentaren für den meisten Humor sorgt.
Die Darstellung der indischen Kultgemeinschaft kam auf dem Subkontinent leider gar nicht gut an, weshalb der Film dort einige Zeit sogar verboten war. Man kann es den Indern nicht verübeln, denen unterstellt wird, eklige Käfer und Affenhirne zu verspeisen, ein viel zu plumper und überzogener Gag. Leider bemühen die Autoren in ihrer Arbeit zu viele Klischees, seien es die armen Dorfbewohner, die auf einen weißen Retter angewiesen sind, oder eben die dekadente Führungsschicht, die Kinder versklavt (und aus welchem Grund auch immer in einer Mine arbeiten lässt) und bizarren kulinarischen Vorlieben frönt. Hat QAnon womöglich zu oft Der Tempel des Todes gesehen?
Was das Buch aber nahezu unerträglich macht, ist sein Frauenbild. Dabei hat das Ehepaar Huyck und Katz nach eigenen Angaben maßgeblich dazu beigetragen, aus Prinzessin Leia eine starke und selbstbewusste Frau zu machen. Bei der Sängerin Willie haben sie jedoch komplett versagt und sie in eine dümmlich-naive, unterwürfige Tussie ohne Selbstachtung verwandelt. Auch Indy offenbart hier Seiten, die seinen Charakter nachhaltig beschädigen. Selten hat man eine toxischere Beziehung in einem Film gesehen, die damit beginnt, dass Indy die Frau mit einem Messer bedroht, anschließend entführt und sie am Ende, als Willie ihn verlassen will, mit der Peitsche fesselt und ihr einen Kuss aufzwingt. Da hat Indy wohl zu viel Nietzsche gelesen. Was das Ganze noch schlimmer macht, ist Willie selbst, die sich völlig hilflos gibt, unentwegt jammert und nörgelt und jedes Mal, wenn sie von einem Mann bedrängt wird, unterwürfig lächelt. Die ganze Performance ist schmerzhaft peinlich und abstoßend und hat Capshaws Karriere maßgeblich geschadet, was natürlich unfair ist, weil sie die Rolle vermutlich nicht selbst so angelegt hat.
Der Film hat also mehr als nur ein Geschmäckle und ist stellenweise kaum zu ertragen. Sogar Spielberg hält ihn, allerdings wohl aus anderen Gründen, für den schwächsten der Reihe. Immerhin verfügt er über die beste Eingangssequenz, die immer noch temporeich und ungemein witzig ist, und mit der wilden Achterbahnfahrt durch die Mine (die natürlich jeglicher Logik spottet) über ein ikonisches Finale. Alles, was dazwischen ist, sollte man besser verdrängen.
Note: 3-