Renfield

Horror-Komödien haben es in der Zuschauergunst oft schwer. Dabei ist Lachen eine natürliche Reaktion des Körpers, auf eine überstandene Gefahr zu reagieren, das ausgeschüttete Adrenalin abzubauen und sich wieder zu entspannen. Warum also nicht das Publikum zuerst erschrecken und dann bewusst zum Lachen bringen? Vielleicht weil es unnötig ist und wir ohnehin lachen? Oder gefällt vielen die Kombination zweier so unterschiedlicher Genres einfach nicht?

Diese Filme haben zwar ein gewisse Fanbase, die aber wesentlich kleiner ist als bei reinen Horrorfilmen und Komödien, was sich auch an den Kinokassen bemerkbar macht. Scream war hierzulande eine der wenigen erfolgreichen Horrorkomödien, während in jüngster Zeit weder Violent Night noch Cocaine Bear überzeugen konnten. Nun ist Renfield gestartet, und ich habe ihn mir angesehen.

Renfield

Seit Jahrzehnten dient der ehemalige britische Anwalt Renfield (Nicholas Hoult) Graf Dracula (Nicolas Cage), beschafft ihm unschuldige Opfer, kümmert sich um seine häuslichen Belange und zieht mit ihm von Stadt zu Stadt. Doch Renfield ist es leid, sich immerzu herumkommandieren und schlecht behandeln zu lassen, weshalb er in New Orleans eine Selbsthilfegruppe für die Opfer toxischer Beziehungen aufsucht – und die Peiniger seiner Schicksalsgenossen Dracula opfert.

Rebecca Quincy (Awkwafina) ist eine engagierte Polizistin, die das Verbrechersyndikat von Bella-Francesca Lobo (Shohreh Aghdashloo) und ihrem Sohn Teddy (Ben Schwartz) zur Strecke bringen will, das bereits ihren Vater auf dem Gewissen hat. Dabei gerät sie selbst ins Fadenkreuz der Verbrecher und wird zufällig von Renfield gerettet. Die beiden verbünden sich, um sich von ihren jeweiligen Quälgeistern zu befreien.

Universal ist mit Horrorfilmen groß geworden, und vor knapp zehn Jahren plante das Studio, an seine legendären Schwarz-Weiß-Klassiker aus den Dreißigerjahren anzuknüpfen und sie zu einem neuen, modernen Franchise zu verbinden. Der erste Film war Die Mumie mit Tom Cruise, der jedoch leider unter den Erwartungen blieb, weshalb das Projekt weitgehend eingestampft wurde.

Renfield ist der Versuch, einen neuen Zugang zu diesem Projekt zu finden, als Einzelstück, das gewissermaßen als Fortsetzung von Dracula aus dem Jahr 1931 dient, weshalb Regisseur Chris McKay auch Szenen des Klassikers in seine Handlung integriert. Das ist gut gelungen und besitzt einen gewissen schrägen Charme.

Leider standen weder Bela Lugosi noch der Renfield-Darsteller Dwight Frye für diese späte Fortsetzung zur Verfügung, aber mit Nicolas und Nicholas wurde ein guter Ersatz gefunden. Cage chargiert zwar gelegentlich, wie er es immer wieder in seinen Filmen tut, aber diesmal passt seine aufgesetzte Theatralik sehr gut zu Rolle als durchgeknallter Vampir. Hoult versucht sich diesmal als Actiondarsteller, was man ihm weitgehend sogar abnimmt, obwohl die Inszenierung der Kampfszenen zu wünschen übrig lässt. Lediglich Awkwafina und Ben Schwartz wirken wie Fremdkörper in ihren Rollen und sind nicht gut. Vor allem Schwartz geht einem bereits nach kurzer Zeit auf die Nerven, und die Chemie zwischen Hoult und seiner Partnerin stimmt überhaupt nicht. Schade.

Die Story selbst ist leider ebenfalls etwas zu dürftig. Dabei ist die Idee, Renfield Hilfe bei einer Therapiegruppe suchen zu lassen, ziemlich gut und sorgt für einige Lacher. Blöd nur, dass es die einzige wirklich gute Idee ist. Problematisch ist vor allem die klischeehafte Darstellung der Verbrecherorganisation, die tatsächlich die gesamte Polizei unterwandert hat. Das kann man einfach nicht ernst nehmen. Auch die Idee, die letzten Vampirjäger bereits in einer Rückblende zu entsorgen, beraubt das Buch von Ryan Ridley um einige Möglichkeiten.

In Erinnerung bleibt daher nicht viel, allenfalls die witzige Grundidee und eine Szene, in der Hoult sich mit seinen übermenschlichen Kräften gegen einen Angriff aus Polizisten und Gangstern zur Wehr setzen muss. Dass die Kämpfe ultrabrutal inszeniert sind, mit sehr viel spritzendem Blut, herausquellenden Därmen und abgetrennten Körperteilen, ist vermutlich auch nicht jedermanns Geschmack.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.