James Wan hat sich mit den ersten beiden Conjuring-Filmen als Großmeister des Horrors etabliert, beim dritten Film jedoch den Regiestuhl geräumt. Stattdessen hat er diesen Horrorfilm inszeniert, den ich mit einiger Verspätung auf Sky nachgeholt habe. Inzwischen ist er auch bei Prime Video zu sehen.
Malignant
Nach mehreren Fehlgeburten ist Madison (Annabelle Wallis) endlich wieder schwanger, doch eines Tages wird sie von ihrem gewalttätigen Ehemann (Jake Abel) geschlagen und erleidet eine Kopfverletzung. In der Nacht dringt eine unheimliche Gestalt in das Haus ein und tötet den Mann auf brutale Weise. Madison verliert ihr Kind und verfällt in Depression, nur um alsbald festzustellen, dass der Mörder es auf weitere Menschen abgesehen hat – und sie auf telepathische Weise mit ihm verbunden ist …
Der Trailer war recht effektiv und hat neugierig gemacht auf eine klassische Gruselgeschichte über eine Schwangere, die übernatürlichen Kräften ausgesetzt ist. Im Trailer wird sogar noch ein weiterer Twist verraten: Der Mörder scheint es auf Menschen aus Madisons Vergangenheit abgesehen zu haben und ihr imaginärer Freund aus Kindertagen zu sein, der auf einen Rachefeldzug aus ist.
Der Film beginnt dann jedoch mit einer Rückblende, die in einem Forschungskrankenhaus spielt, in dem ein Junge mit übernatürlichen Kräften einer experimenteller Behandlung ausgesetzt wird. Die Umsetzung erinnert dabei stark an alte B-Movies über verrückte Wissenschaftler, die Dialoge sind peinlich, und sogar die Darsteller lassen zu wünschen übrig. Man weiß nicht so recht, ob es ernst gemeint sein soll oder eine Parodie darstellt. Doch mit dem Wechsel in die Gegenwart gerät die Handlung wieder in die Fahrwasser heutiger Horrorfilme.
Im Gegensatz zu seinen früheren Arbeiten ist James Wan aber diesmal nicht gut in Form. Die Inszenierung ist zwar solide, aber nicht so originell wie in The Conjuring, die jumg-scares bleiben weitgehend aus, und selbst der Bösewicht ist eher unappetitlich anzusehen als angsteinflößend. Die Handlung des Drehbuchs von Akela Cooper, an dessen Entstehung auch Wan sowie Ingrid Bisu beteiligt waren, plätschert eher gemächlich dahin, was auch daran liegt, dass einige Wendungen bereits im Trailer verraten wurden.
Imaginäre Freunde sind bekanntlich eher ein amerikanisches Phänomen, weshalb es schwer fällt, sich mit dem Konzept anzufreunden. Letzten Endes spielt es aber keine Rolle, denn im letzten Twist wird die wahren Identität des Bösen enthüllt, die zwar hier nicht verraten wird, aber mit einige obskuren medizinischen Abnormalitäten zu tun hat, über die Schwangere niemals nachdenken sollten. Anstatt dies zum Anlass zu nehmen, sich intensiver mit der Hauptfigur und ihrer Psychologie zu beschäftigen, setzen die Macher lieber auf plumpe Action und verwandeln den sanften Gruselfilm in ein bluttriefendes Gewaltepos, das nichts für schwache Nerven ist.
Alles in allem ein enttäuschender Beitrag von einem vielversprechenden Horrorfilm-Regisseur, in dem zusammengeflickt wird, was nicht zusammengehört.
Note: 4+