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Mit Slasher-Filmen habe ich es nicht so. In vielen geht es einfach nur darum, Menschen auf mehr oder weniger raffinierte oder vollkommen übertriebene, auf jeden Fall aber möglichst blutige Art und Weise ums Leben zu bringen. Wenn das Ganze noch mit einer zweifelhaften Grundidee wie etwa beim The Purge-Franchise daherkommt, verzichte ich dankend.

Doch manchmal macht selbst ein Slasher-Trailer neugierig, weil er gut inszeniert ist und mit einem interessanten Thema aufwartet (nein, nicht Pornos). Daher war ich gespannt auf …

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1979 in Texas: Wayne (Martin Henderson) will mit einem Porno viel Geld machen und fährt daher mit seiner Freundin Maxine (Mia Goth) und den Darstellern Bobby-Lynne (Brittany Snow) und Jackson (Kid Cudi) aufs Land. Zusammen mit den Studenten RJ (Owen Campbell) und Lorraine (Jenna Ortega), die sich um Kamera und Ton kümmern, kommt die Crew im Gästehaus des alten Farmers Howard (Stephen Ure) unter. Dessen Frau (Mia Goth in einer Doppelrolle) fühlt sich durch die Ausschweifungen der jungen Leute gleichzeitig angezogen und provoziert.

Weibliches Begehren oder weibliche Sexualität generell waren lange Zeit tabuisiert. Mit der sexuellen Revolution und dem Feminismus in den Sechzigerjahren wurden alte Denkweisen schließlich in Frage gestellt und ein offenerer Zugang zu diesem Thema gefunden. Dennoch ist es auch heute noch in vielen Teilen der Welt schwierig, darüber zu reden oder zu schreiben, auch in den oft als prüde gebrandmarkten USA. Frauen, die ihrem Begehren nachgehen, die viele sexuelle Erfahrungen sammeln, werden daher immer noch schnell abgewertet oder beschämt, oft sogar öffentlich, während ein lockerer Umgang mit ihrer Sexualität für Männer noch nie ein Problem darstellte. Nur bei Frauen heißt es oft: Hure oder Heilige?

Dass ein amerikanischer Film sich diesem Thema widmet, ist an sich schon bemerkenswert, dass es noch dazu ein Horrorfilm ist, umso mehr. In der Pornografie werden Frauen fast immer objektifiziert, als stets willige, devote Sexsklavinnen dargestellt, deren Verlangen unstillbar ist und die alle Wünsche ihrer männlichen Partner erfüllen. Doch der Film im Film, von dem man einige Szenen zu sehen bekommt, stellt die Frauen eher als Verführerinnen dar, zwar rollentypisch in ihrem Verhalten, aber doch mit einem Maß an Selbstbewusstsein, das sich vom Rest des Genres abhebt. Kameramann RJ schwärmt entsprechend von einem anderen, avantgardistischen Blickwinkel, und auch die Darstellerinnen stehen voller Überzeugung zu ihrem Tun. So ist das Thema eng mit einem zweiten verbunden, das ebenfalls zur Diskussion gestellt wird: ungezügelter Hedonismus.

Es ist sicherlich kein Zufall, dass die Story Ende der Siebzigerjahre spielt und das hedonistischste Jahrzehnt unserer Geschichte seinen Schatten vorauswirft, und auch der Schauplatz, das ländliche Texas, passt sehr gut dazu. Im Fernsehen des Farmers läuft beispielsweise ununterbrochen die Sendung eines Predigers, der wider die Sünde predigt und zu Selbstbeherrschung und Keuschheit aufruft – und dessen Verbindung zu einer Figur ganz am Ende offengelegt wird.

Was auch heutzutage noch stärker tabuisiert wird, ist das weibliche Begehren älterer Frauen. Es findet, abseits der üblichen Milf-Figuren, die spätestens seit Die Reifeprüfung immer wieder auftauchen, kaum statt und steht hier im Zentrum der Geschichte. Denn Pearl, die Frau des Farmers, war in ihrer Jugend eine ebenso lebensfrohe, sinnliche Frau wie Maxine, Lorraine oder Bobby-Lynne, und auch heute noch erwacht in ihr gelegentlich sexuelle Begierde, die ihr Mann allerdings wegen eines Herzleidens nicht mehr erfüllen kann. Kombiniert mit den promiskuitiven jungen Leuten im Gästehaus ist die Konfrontation somit bereits vorprogrammiert.

Bis Autor und Regisseur Ti West jedoch den eigentlichen Bodycount startet, vergeht viel Zeit, genauer gesagt, die gesamte erste Hälfte des Films. Es ist aber, erstaunlicherweise, die bessere Hälfte. Man lernt die Figuren ein wenig kennen, wenn auch leider nicht so gut, wie es wünschenswert gewesen wäre, und lässt sich bereitwillig von ihnen verführen. Wie West die Ausschnitte aus seinem Porno mit der Geschichte von Pearl verknüpft, ist überaus geschickt gemacht, wie er auch immer wieder mit der Struktur oder dem Format des Materials spielt und so elegant an die Produktionen jener Zeit anknüpft.

Leider gibt es nur eine wirklich spannende Szene in jener ersten Hälfte, und auch danach geht es eher um die blutige Detailarbeit, die zwar für zartbesaitete Zuschauer schwer zu ertragen ist, sich insgesamt aber hinter anderen Produktionen dieser Art zurückhält. Das Finale könnte ebenfalls etwas spannender sein, erfüllt aber insgesamt seinen Zweck.

Alles in allem hätte man sicherlich noch mehr aus dem Thema herausholen können, wenn man mehr über die Figuren erfahren hätte, aber für einen Horrorfilm ist der Ansatz dennoch bemerkenswert. Man darf also auf den nächsten Teil gespannt sein, der dann die Vorgeschichte von Pearl erzählen wird.

Note: 3+

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.