What’s Love Got To Do With It?

Sprechen wir über die Romantische Komödie und den Hund, auf den sie gekommen ist. Ich habe schon häufiger beklagt, dass dieses Genre praktisch verschwunden ist, auch wenn das so nicht ganz stimmt, denn hin und wieder tauchen sie noch im Kino auf, und auch die Streamer produzieren sie fleißig. Nur sind sie meistens schlecht, und davon handeln die Beiträge in dieser Woche. Schlechte RomComs. Ihr seid hiermit gewarnt.

Die Gründe für das Verschwinden der Romantischen Komödie sind vielfältig. Vielleicht liegt es an der Formelhaftigkeit, man könnte auch sagen: Einfallslosigkeit, dass viele Projekte von den Studios abgelehnt werden. Möglicherweise fällt den Drehbuchstars wie Richard Curtis auch einfach nichts mehr ein. Oder Hollywood produziert lieber formalhafte Filme für asiatische Teenager. Vorzugsweise mit Superhelden. Was uns zum nächsten Punkt bringt: Das Verschwinden der Stars. Früher gab es Julia Roberts, Meg Ryan und noch einige kleinere Namen, die das Genre dominierten, aber heutzutage gibt es auch praktisch keine Stars mehr. Dabei zeigte Ticket ins Paradies, dass es immer noch einen Markt für Filme dieser Art geben kann, selbst mit den Stars von gestern.

What’s Love Got To Do With It? war einer der drei Filme, die während der Münchner Filmwoche präsentiert wurden. Meistens bin ich zu müde oder zu beschäftigt, um mir die Zeit für einen ganzen Film zu nehmen, aber dieser lief im Rahmen der Tradeshow von StudioCanal, die immer wie ein Kindergeburtstag ist – nur mit Alkohol. Und irgendwie hat der Trailer des Films dazu gepasst. Also zum Kindergeburtstag.

What’s Love Got To Do With It?

Zoe (Lily James) ist eine Dokumentarfilmerin, die gerade auf der Suche nach einem neuen Stoff ist, als ihr Jugendfreund Kazim (Shazad Latif) ihr erzählt, dass seine Eltern eine Ehe für ihn arrangieren wollen und er dem aufgeschlossen gegenübersteht. Zoe überredet ihn, ihn bei dieser Reise zu begleiten, die ihn schließlich nach Pakistan, in das Heimatland seiner Eltern, führt, wo er seine zukünftige Ehefrau kennenlernt.

Bei dem Thema arrangierte Ehen denkt man sofort an Zwangsverheiratungen in muslimischen, unaufgeklärten Gesellschaften, an Kinderbräute und patriarchalische Vorstellungen von Ehre und Gehorsam. Das Drehbuch von Jemima Khan ist meilenweit davon entfernt und erzählt viel mehr eine klassische Romantische Komödie, bei der man schon von Anfang an weiß, wie sie ausgeht. What’s Love Got To Do With It? ist seiner Grundidee eine humorvolle Mischung aus My Best Friends Wedding und einem Bollywoodfilm.

Die Zutaten dafür sind alle vorhanden, die Umsetzung hingegen lässt etwas zu wünschen übrig. Sowohl Zoe als auch Kazim bleiben als Figuren relativ blass. Sie sucht sich immer die falschen Partner aus, ihm ist es im Grunde egal, wen er heiratet, weil er sowieso nicht so recht an die große Liebe glaubt. Aufgeklärte, leicht zynische Großstädter sind sie beide. So weit, so stereotyp. Immerhin besteht zwischen den beiden Darstellern genug Chemie, dass man ihnen das heimliche Interesse am anderen abnimmt, aber das reicht leider nicht, um einen ganzen Film zu tragen.

Auch die Nebenfiguren sind nicht unbedingt dazu geeignet, den nötigen Pepp in eine so sehr vorhersehbare Story zu bringen. Die einzige, die etwas schräg und damit witzig angelegt ist, ist Zoes Mutter, die von Emma Thompson gespielt wird, die auszuloten scheint, wie weit sie in ihrer Performance gehen kann, ohne dabei zu chargieren. In manchen Szenen ist sie großartig, in anderen eher nervig.

Das größte Manko, neben der Vorhersehbarkeit, ist das weitgehende Fehlen von Konflikten. Eine arrangierte Ehe sieht in der Regel eine Absprache zwischen zwei Familien vor, ihren Nachwuchs miteinander zu verheiraten. Hier geht es aber eher darum, dass man die Dienste einer speziellen Agentur in Anspruch nimmt, die nach geeigneten Kandidaten sucht. Es gibt keinen Zwang und damit auch kein Drama. Ironischerweise hat Kazim eine Schwester, die von den Eltern verstoßen wurde, weil sie einen Briten geheiratet hat, aber dieser Konflikt wird so lieblos behandelt und so seifenopernartig aufgelöst, dass man sich über die vertane Chance ärgert – und darüber, dass man trotzdem am Ende ein Tränchen verdrückt.

What’s Love Got To Do With It? ist ein netter, leidlich romantischer Film für ein weibliches Publikum, das sich auch gerne mal ein Bollywoodmusical anschaut. Man kann schmunzeln, sich an den bonbonbunten Farben und den Aufnahmen aus Pakistan erfreuen. Das ist besser als nichts.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.