Wem haben wir nur diesen Film zu verdanken? Der ungebrochenen Popularität von Agatha Christies Die Mausefalle, dem am längsten ununterbrochen laufenden Theaterstück der Welt? Knives Out, weil der Film beim Publikum einen neu erwachten Appetit auf eine liebevolle Veralberung von verschnarchten Whodunits geweckt hat? Oder schlicht und ergreifend der Tatsache, dass eine Verfilmung von Die Mausefalle vertraglich nicht möglich war und man so viel wie möglich davon übernehmen wollte, ohne eine Klage zu riskieren, indem man eine Geschichte über das Stück und seine Autorin erzählt?
Der Trailer sah nicht schlecht aus, die Besetzung ist sehenswert, und auch wenn ich es nicht geschafft habe, ins Kino zu gehen, war ich doch so neugierig, dass ich ihn relativ bald nach seiner Veröffentlichung auf Disney+ nachgeholt habe.
See How They Run
Die Mausefalle hat 1953 bereits 100 Vorführungen auf dem Buckel, was die Produktion mit einer großen Feier begeht. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen für eine Verfilmung des Stoffes, die aber erst sechs Monate nach seiner Absetzung möglich ist. Doch Produzent John Woolf (Reece Shearsmith) rechnet in absehbarer Zeit damit, weshalb er bereits den Regisseur Leo Köpernick (Adrien Brody) aus Hollywood hat einfliegen lassen, der mit Merv Cocker-Norris (David Oyelowo) bereits an einem Drehbuch arbeitet. Köpernick ist jedoch ein schwieriger Zeitgenosse, der sich nicht nur mit Merv über die Story streitet, sondern auch mit dem Star des Stücks, Richard Attenborough (Harris Dickinson), in ein Handgemenge gerät. Kurz darauf wird Köpernick ermordet aufgefunden, und Inspector Stoppard (Sam Rockwell) und Constable Stalker (Saoirse Ronan) nehmen die Ermittlungen auf.
Obwohl er schon früh das Zeitliche segnet, kommentiert Köpernick das Geschehen aus dem Off und erklärt dem Zuschauer die Mechanismen eines Whodunits, zu dem sowohl ein ausgelaugter Ermittler als auch ein Finale mit allen Beteiligten im Landhaus gehöre. Natürlich enthält See How They Run all das, was laut dem Toten zu einem zünftigen Kriminalstück gehört, und selbst die Ideen des Regisseurs für das Finale seines Films finden später eine verblüffende Entsprechung in der Realität. Nun, so verblüffend ist es vielleicht nicht, sondern erwartbar, doch durch den Kniff, eine Geschichte rund um Die Mausefalle zu erzählen, bietet sich nicht nur die Möglichkeit, sich mit dem Stück, seinem Erfolg und seiner Entstehungsgeschichte zu beschäftigen, sondern auch gleich das gesamte Genre auf die Schippe zu nehmen.
Tatsächlich gelingen dem Drehbuchautor Mark Chappell einige wunderbar witzige Momente. Auch die beiden Ermittler mit ihren Schrullen sind sehenswert, was man vom restlichen, unterforderten Ensemble nur bedingt sagen kann. Leider reichen einige amüsante Dialoge und zwei sympathische Figuren nicht aus, die doch eher mittelmäßige und vor allem viel zu spannungsarme Kriminalstory auszugleichen. Die Handlung schleppt sich zudem in einem viel zu gemächlichen Tempo voran, bis es zum unvermeidlichen Ende im Landhaus kommt, bei dem zumindest die Auflösung gelungen ist – wenn man nicht bereits Die Mausefalle kennt.
Wer Krimikomödien, Whodunits oder Agatha Christie liebt, kommt bei See How They Run sicherlich auf seine Kosten. Alle anderen sollten lieber nicht zu viel erwarten oder gleich das Weite suchen.
Note: 4+