Blithe Spirit

Das verlängerte Osterwochenende ist schuld. Vielleicht auch der Osterhase oder zu viele Schokoladeneier. Am Dienstag hatte ich jedenfalls den ganzen Tag Montag, und plötzlich war schon wieder der Mittwoch halb vorüber, als mir einfiel, dass ich keine Blog-Beiträge eingestellt habe. So ganz habe ich mich anscheinend an den neuen Rhythmus noch nicht gewöhnt, aber ich gelobe Besserung.

Manchmal ist ein Trailer so überzeugend, dass mich selbst ein schlechter imdB-Wert nicht abschrecken kann, den Film anzusehen, vor allem, wenn auch noch eine hervorragende Besetzung und ein schöner Look hinzukommen. Natürlich gilt es in solchen Fällen, die Erwartungen möglichst gering zu halten …

Da scheiden sich die Geister, im Original Blithe Spirit, basiert auf einem Theaterstück von Noël Coward aus dem Jahr 1941, das überaus populär war. Bereits vier Jahre später wurde es fürs Kino verfilmt, gefolgt von fünf (!) Adaptionen fürs Fernsehen allein bis 1966. Darüber hinaus gab es Hörspielversionen des Stoffes fürs Radio, einen Roman zum Stück sowie eine Musicalversion. Außerdem wurde das Stück seit seiner Uraufführung bereits zehnmal erneut auf die Bühne gebracht, zuletzt vergangenen Herbst in London. Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass es weithin bekannt und beliebt ist.

Da scheiden sich die Geister

Der gefeierte Romanautor Charles Condomine (Dan Stevens) leidet unter einer Schreibblockade: Für seinen Schwiegervater, einen Filmproduzenten, soll er eine Adaption seiner Detektiv-Romanreihe verfassen, kommt aber nicht voran. Als er mit seiner Frau Ruth (Isla Fisher) die Vorstellung der Spiritistin Madame Arcati (Judi Dench) besucht, in der diese durch eine technische Panne als Schwindlerin enttarnt wird, hat er die Idee, das Medium zu sich nach Hause einzuladen, um sich von ihren Tricks inspirieren zu lassen. Die Séance sorgt bei Charles und seinen Gästen für Erheiterung, hat aber eine bedeutende Nebenwirkung: Madame Arcati beschwört versehentlich den Geist von Charles’ verstorbener Frau Elvira (Leslie Mann) herauf, den nur er sehen kann …

Ein gefeiertes Stück, das als britische Antwort auf die Screwball-Comedy Hollywoods gilt, eine Traumbesetzung und eine exquisite Ausstattung – was kann da schiefgehen? Eine ganze Menge offensichtlich, denn der Film erhielt nahezu durchweg schlechte Kritiken. Hinzu kam, dass er aufgrund der Pandemie mehrmals verschoben wurde und schließlich an einen Streamingdienst verkauft werden sollte. Aber sowohl Netflix als auch Amazon lehnten ab. Das sagt schon fast alles. Aber ist er wirklich ein Desaster?

Wie schon gesagt, die Ausstattung und die Kostüme sind exquisit, der Großteil der Handlung, die 1937 angesiedelt ist, spielt in einem zeitgenössischen Haus, das an die Bauhaus-Architektur erinnert. Dass einem dies als erstes einfällt, wenn man etwas Positives über den Film schreiben will, spricht ebenfalls Bände. Aber man kann auch die schauspielerischen Leistungen würdigen, allerdings mit ein paar Einschränkungen: Dan Stevens neigt zu Beginn leider etwas zum Chargieren, und Judi Dench wirkt bisweilen gelangweilt.

Letzteres kann durchaus an dem einfallslosen Drehbuch von Nick Moorcroft, Meg Leonard und Piers Ashworth (zu viele Köche usw.) liegen, die sich bemühen, dem leicht angestaubten Stoff einen modernen Touch zu geben. Ihre Idee, dass Charles gar kein genialer Autor ist, sondern alle seine Bücher von Elvira konzipiert wurden, ist gar nicht mal schlecht, aber ein guter Einfall allein reicht leider nicht.

Die Regie von Edward Hall ist durchaus solide, aber viel zu brav und lässt vor allem Tempo und Pep missen. Die Geschichte entwickelt sich gewissermaßen mit angezogener Handbremse und kommt bis zu ihrem Ende nicht richtig in Fahrt. Hinzu kommen Figuren, die einem zunächst gleichgültig sind und die sich dann allesamt in die falsche Richtung entwickeln. Keiner weiß so recht, was er oder sie eigentlich will, und dem Zuschauer ist es mit der Zeit herzlich egal. Auch in einer Komödie sollte es ernsthafte Momente geben, sollten emotionale Verletzungen verhandelt werden, aber Hall belässt es bei einer Farce, die schlussendlich nicht einmal witzig genug ist.

Es gibt Filme mit einem schlechten imdB-Wert, die viel, viel besser sind als ihr Ruf, Matrix Resurrections etwa, aber Da scheiden sich die Geister gehört leider nicht dazu. Wer sich für Ausstattung und Kostüme interessiert oder ein Fan der Schauspieler ist, kann hier durchaus auf seine Kosten kommen, alle anderen werden sich eher langweilen.

Note: 4

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.