Black Panther: Wakanda Forever

Als Black Panther in die Kinos kam und einen riesigen Hype entfachte, war klar, dass seine Bedeutung in erster Linie in der Tatsache seiner Existenz liegt und weniger darin, welche Geschichte er zu erzählen hat. Politisch und kulturell ist der Film ein Meilenstein der Geschichte: Die Hollywood-Großproduktion mit einer nahezu ausschließlich schwarzen Besetzung und Crew über einen schwarzen Superhelden, der eine technologisch überlegene afrikanische Nation anführt, hat mehr für das Selbstbewusstsein der Afro-Amerikaner, aber auch des dunklen Kontinents getan, als man sich als Weißer vorstellen kann.

Dass es einen zweiten Teil geben muss, war also von Anfang an keine Frage, doch dann geschah etwas, das niemand vorhersehen konnte: Hauptdarsteller Chadwick Boseman starb mit nur 43 Jahren an Krebs. Wie sollte es nun weitergehen?

Black Panther: Wakanda Forever

König T’Challa (Chadwick Boseman) stirbt an einer unbekannten Krankheit, seine Schwester Shuri (Letitia Wright) scheitert mit ihren Bemühungen, das magische herzförmige Kraut, das der Usurpator Killmonger (Michael B. Jordan) einst ausgerottet hatte, zu synthetisieren, und leidet fortan unter Schuldgefühlen. Sie kann einfach nicht trauern, hinterfragt die überlieferten Traditionen und hadert mit ihrer Rolle in Wakanda. Ihre Mutter Ramonda (Angela Bassett) übernimmt derweil die Krone – und bricht ein Versprechen ihres Sohnes: Anstatt mit der Welt die überlegene Technologie und das begehrte Vibranium zu teilen, verurteilt sie die Versuche, sich das wertvolle Metall mit Gewalt anzueignen, und schottet Wakanda wieder ab.

Doch dann entdecken die USA dank eines Wissenschaftsgenies in Gestalt eines afro-amerikanischen Teenagers (Dominique Thorne) ein Vibranium-Vorkommen im Atlantik – und stoßen auf eine weitere, unbekannte Kultur, die darüber wacht. Deren König Namor (Tenoch Huerta) verlangt von Wakanda, mit ihm gemeinsam in den Krieg gegen den Rest der Welt zu ziehen oder von ihm vernichtet zu werden.

Marvel hat das Naheliegendste aus dem Verlust seines Hauptdarstellers gemacht und den Tod seiner Figur zum Gegenstand der Fortsetzung erhoben. Früher hätte man vermutlich einfach einen anderen Schauspieler ausgewählt und weitergemacht, als wäre nichts geschehen. Vielleicht hätte man noch eine dämliche Ausrede für sein verändertes Aussehen erfunden. Aber auf diese Weise wirkt es jedoch natürlich und gibt der Fangemeinde auch in der Fiktion die Möglichkeit, Abschied von ihrem Idol zu nehmen.

Entsprechend dreht sich ein Gutteil des Films um Shuris Trauer und die Frage, ob es einen weiteren Black Panther geben wird. Da der Titel eng mit einer mythischen Pflanze, die ihrem Konsumenten übernatürliche Kräfte verleiht, verbunden ist und diese ausgerottet wurde, sieht es zu Beginn nicht gut dafür aus. Shuri verkörpert dabei den modernen, aufgeklärten, ganz der Wissenschaft, Forschung und Aufklärung verschriebenen Menschen des 21. Jahrhunderts, in dessen Denken weder Tradition noch Magie einen Platz haben. Doch da, nach Arthur C. Clarke, jedwede hinreichend fortgeschrittene Technologie nicht von Magie zu unterscheiden ist, ist die Grenze so dünn, dass es nur eines kleinen Anstoßes bedarf, um Shuri in die richtige Richtung zu lenken.

In gewisser Weise ist der Film eine zweite Origin-Story und handelt erneut von der Geburt eines Black Panthers, nur ist die Kandidatin diesmal die am wenigsten aussichtsreichste. So ganz scheinen auch die Autoren Ryan Coogler, der wieder Regie geführt hat, und Joe Robert Cole diesem Einfall nicht getraut zu haben, denn sie verlieren über weite Strecken ihre neue Heldin aus den Augen. Und in der Summe schafft es Letitia Wright auch nicht, die Fußstapfen von Chadwick Boseman auszufüllen. Shuri wurde als nerdige kleine Schwester und Tech-Genie eingeführt, und diese Rolle passt gut zu Wright, aber im Gegensatz zu Angela Bassett oder Danai Guria als Okoye hat sie einfach nicht das Format zur leading Lady.

Statt auf Shuri konzentriert sich Coogler auf Königin Ramondas Schicksal, einen Einsatz von Agentin Nakia (Lupita Nyong’o) und Generalin Okoye, die unverschuldet in Ungnade fällt, ohne aus diesen Nebenhandlungen wirklich packende Geschichten zu machen. Vieles plätschert annehmbar, aber wenig originell dahin, manche Handlungsstränge versanden aber irgendwie im Nichts. Insgesamt kann man dennoch sagen: Es ist ein Film über starke, unabhängige, schwarze Frauen. Und das ist eine machtvolle Botschaft.

Darüber hinaus geht es wie im ersten Teil um eine Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Unterdrückung. Königin Ramonda weigert sich, den wertvollsten Rohstoff ihres Landes mit dem Westen zu teilen, und widersetzt sich gewaltsamen Aktionen, in seinen Besitz zu gelangen. Mit König Namor taucht nun eine neue Figur auf, die wie ein Abbild des Black Panthers und Wakandas wirkt – obwohl es streng genommen umgekehrt ist, denn Namor hatte bereits 1939 sein Debüt im MCU.

Für heutige Zuschauer wirkt er dennoch wie ein Klon. Die Bewohner des Unterwasserreichs vor der mexikanischen Küste, man könnte es Atlantis nennen, sind so blau wie die Na’vis von Pandora, und mit Wakanda teilen sie ihre technologische Überlegenheit gegenüber der restlichen Welt sowie ihre Existenz im Verborgenen. Ist Wakanda ein stolzes, selbstbewusstes Land, wie es ohne Ausbeutung und Kolonisierung in Afrika gegeben haben könnte, ist Namors Reich das südamerikanische Gegenstück. Wirklich originell ist das zwar nicht, aber wir reden immerhin von Comicbüchern, die voller unwahrscheinlicher Helden und unglaublicher Enthüllungen sind.

Auch der Typus des jugendlichen Genies wird gerne bemüht, und so taucht mit Riri Williams (Thorne) eine junge Frau auf, die Tony Starks Tochter sein könnte. Da ihr Heldenname Ironheart lautet und sie einen ähnlichen Anzug trägt, ist die Ähnlichkeit sicherlich gewollt, schließlich gibt es auch hier eine Lücke zu füllen. Ironheart bekommt demnächst auch eine eigene Serie auf Disney+ und gesellt sich damit zu Ms. Marvel und She-Hulk, die ebenfalls bereits einen Generationswechsel eingeläutet haben. Die Zukunft wird also diverser und weiblicher, so viel steht fest.

Die eigentliche Frage, die sich jedoch stellt, lautet: Wird sie auch spannender? Natürlich waren auch nicht alle Filme aus Phase Eins oder Zwei gelungen, aber spätestens in Phase Drei war ersichtlich, dass letztlich alles auf einen epischen Kampf gegen Thanos zusteuert. Mit Phase Vier wurde nun die Multiverse-Saga eingeläutet, und abgesehen von Spider-Man: No Way Home war fast jeder Film eine Enttäuschung. Man gewinnt den Eindruck, die Macher verzetteln sich, sie schicken immer neue Helden ins Rennen, schaffen es aber nicht, Ordnung in ihr Universum zu bringen und die einzelnen Elemente miteinander zu verbinden. Gelegentlich kommt es zu interessanten Paarungen, aber man beginnt tatsächlich, die Avengers zu vermissen.

Black Panther: Wakanda Forever handelt zwar von starken Frauen, ist aber kein starker Film. Er besticht durch seinen hervorragenden Look, die farbenfrohen Kostüme, das beeindruckende Set-Design, die tollen Spezialeffekte – und vor allem durch seine politische Botschaft. Aber die Story bleibt dank eines blassen Gegenspielers schwach, woran auch nicht die an sich sehenswerte, an die Cirque du Soleil-Show erinnernde Seeschlacht etwas ändert.

Note: 3-

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.