Pi Jays Münchner Filmwoche 2023 – Teil 4

Der letzte Tag gehörte wie immer:

Universal

Die Fabelmans: Steven Spielbergs persönlichster Film nach seinen Kindheits- und Jugenderinnerungen ist für 7 Oscars nominiert

Spoiler Alarm: schwule Love Story nach einer autobiografischen Erzählung

Renfield: Horror-Komödie über Draculas Gehilfen

Infinity Pool: Horrorfilm über aggressive Männlichkeit von Brandon Cronenberg

Tár: Arthaus-Drama mit Cate Blanchett als Dirigentin

Der Super Mario Bros. Film: Animationsfilm nach dem Kult-Videospiel

Champions: Remake eines spanischen Cheerie Movies über den Trainer einer behinderten Basketballmannschaft

Die Aussprache: Arthaus-Drama nach einem Roman über die Frauen einer zurückgezogen lebenden Religionsgemeinschaft, die sie gegen die sexuelle Unterdrückung durch ihre Männer auflehnen

Cocaine Bear: extrem blutige Horrorkomödie über einen Bären auf einem Drogentrip

Pearl: Prequel des Horrorfilms X über eine junge Frau, die ein großer Star sein will

Book Club – Ein neues Kapitel: die Fortsetzung der Komödie spielt auf einem Junggesellinnenabschied in Italien

Polite Society: Action-Komödie, die in der indischen Community Großbritanniens angesiedelt ist

Strays: Realfilm über streunende, sprechende Hunde auf Abwegen mit derbem Humor

Oppenheimer: Christopher Nolan erzählt in diesem Drama vom Vater der Atombombe

Trolls – Gemeinsam stark: auch der dritte Teil sieht bonbonbunt und glitzernd aus

Knock at the Cabin: M. Night Shyamalans Horrorfilm über eine Familie, die gezwungen wird, einen der ihren zu opfern, um die Welt zu retten

Fast & Furious 10: dieses Franchise muss man nicht mehr vorstellen, es spielt aber in Italien

Mein persönliches Fazit:

Hätten wir jedes Mal einen Schnaps getrunken, wenn jemand auf der Bühne „Das Kino lebt!“ (oder etwas ähnliches) verkündet hat, wir wären durchweg blau gewesen. Natürlich ist das Kino wieder da und wird auch weiterhin bestehen, das ist doch gar keine Frage, und wer tatsächlich geglaubt haben sollte, dass die Pandemie, der Krieg und die Inflation die heimische Kinolandschaft ausradieren würden, sollte sich Chicken Little nennen und einen Aluhut aufsetzen.

Selbstverständlich liegen einige schwierige Jahre hinter unserer Branche, aber im Großen und Ganzen sind wir mit einem blauen Auge davongekommen. Es ist gut, dass jetzt wieder mehr Filme funktionieren, vorsichtige Besucher langsam zurückkommen und es keine weiteren Corona-Restriktionen mehr geben wird (falls die eine Milliarde kranke Chinesen nicht gerade eine Super-Mutante ausbrütet). Und mit Avatar – The Way of Water hat es endlich wieder einen Über-Blockbuster gegeben.

Vielleicht ist das tatsächlich der Gamechanger, vielleicht erreicht das Kino ab jetzt wieder die Besucherzahlen, die es vor der Pandemie hatte. Vielleicht aber auch nicht. Nachdem ich mir diese Woche zahlreiche Trailer, Teaser, Promos, Sizzle Reels und Ausschnitte angesehen habe, denke ich, dass es schon an ein Wunder grenzen müsste, sollten wir die Zahlen aus der Zeit vor Corona erreichen, die – und das haben anscheinend schon wieder viele vergessen – damals als katastrophal schlecht betrachtet wurden.

Das Kino steckt schon sehr lange in der Krise, und den Untergang der kompletten Branche heraufzubeschwören ist sicherlich genauso wenig zielführend wie diese trotzigen „Wir sind Sparta“-Kampfgesänge. Die, wenn wir mal ehrlich sind, eigentlich nur bedeuten: „Alles soll schön bleiben, wie es ist.“ Klar, Änderungen sind schwierig, sie sind mit schmerzhaften Einsichten, vielen Mühen und Fehlschlägen verbunden und werden nur von der Hoffnung getragen, dass wir auf ein Happy End zusteuern. Aber bin ich der Einzige, der gerade das Gefühl hat, als wären wir alle schicksalsergeben unterwegs nach Mordor?

Dies war, wenn ich mich nicht verzählt habe, meine 20. Münchner Filmwoche, und sie war schneller vorbei als alle zuvor. Ich mache mir jetzt nicht die Mühe, die Anzahl der gezeigten Clips zu zählen, denn ich weiß auch so, dass es bei vielen Verleihern deutlich weniger waren als früher. Das heißt aber nicht, dass es 2023 nicht eine Menge großartiger Filme geben wird.

Leider war in diesem Jahr keine richtig große Überraschung dabei. Positiv aufgefallen ist vor allem Wochenendrebellen, über den wir mehr erfahren durften, ansonsten dominierten die üblichen Sequels, die einem oft das Gefühl gaben, seit Jahren auf dieselben Line-ups zu starren. Und immer, wenn man glaubt, ein Franchise ist zu Ende, kommt garantiert ein Reboot daher.

Angenehm waren die längeren Pausen zwischen den oft sehr kurzweiligen Tradeshows, in denen man Zeit hatte, mit Freunden und Kollegen zu plaudern oder Berichte zu schreiben. Die besten Präsentationen sind in meinen Augen jene, in denen viel Material gezeigt wird, das man nicht bereits aus dem Internet kennt, auch wenn ich weiß, wie mühsam es ist, den Hollywood-Studios Promos oder einzelne Szenen aus den Rippen zu leiern. Ermüdend hingegen sind zu viele Gäste, die einem nur erzählen, wie vergnügt die Dreharbeiten waren.

Waren neue Trends auszumachen? Es gibt eine wahre Flut (Blutwelle?) an Horrorfilmen in diesem Jahr, und ich habe das Gefühl, dass sie immer brutaler werden. Selbst bei einer Horrorkomödie muss man dieses Jahr Angst haben, sich vor Ekel in die Popcorntüte zu erbrechen. Aber ich bin zugegebenermaßen auch ein Weichei. Des Weiteren ist mir aufgefallen, dass die Titel immer länger werden, und da rechne ich die – in meinen Augen häufig unnötigen – deutschen Untertitel gar nicht mit ein. Den Vogel schießt wohl Mission: Impossible – Dead Reckoning Teil Eins ab, bei dem Bandwurm-Titel ist auf dem Plakat fast kein Platz mehr für Tom Cruise (aber zum Glück ist er ja klein …).

Das Wichtigste auf der Münchner Filmwoche sind aber die vielen Gespräche mit netten Freunden und Kollegen, in denen es natürlich fast ausschließlich um die Markteinschätzung der bevorstehenden Produktionen geht. Mark G. ist so oft gefragt worden, wie seine Jahresprognose aussehen wird, dass er, hätte er für jedes Mal einen Schnaps getrunken, nun mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus läge.

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Über Pi Jay

Ein Mann des geschriebenen Wortes, der mit fünfzehn Jahren unbedingt eines werden wollte: Romanautor. Statt dessen arbeitete er einige Zeit bei einer Tageszeitung, bekam eine wöchentliche Serie - und suchte sich nach zwei Jahren einen neuen Job. Nach Umwegen in einem Kaltwalzwerk und dem Öffentlichen Dienst bewarb er sich erfolgreich an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Er drehte selbst einige Kurzfilme und schrieb die Bücher für ein halbes Dutzend weitere. Inzwischen arbeitet er als Drehbuchautor, Lektor und Dozent für Drehbuch und Dramaturgie - und hat bislang fünf Romane veröffentlicht.