Über Las Vegas gibt es nicht viel zu berichten. Es war heiß. Sehr heiß. Bis zu 45 Grad im Schatten, was selbst für Las Vegas im September ungewöhnlich ist, und sogar in der Nacht kühlten sich die Temperaturen nur auf kuschelige 30 Grad ab. Verständlicherweise hielten wir uns deshalb überwiegend in geschlossenen, klimatisierten Räumen auf.
Seit einiger Zeit hört man immer wieder in den einschlägigen Kreisen der Reiseblogger, dass das South Point so etwas wie ein Geheimtipp in Las Vegas sei. Ganz so geheim ist ein Hotel und Kasino, das bereits 2005 seine Pforten öffnete, natürlich nicht, aber da es südlich vom Strip liegt (sehr weit südlich, denn ich bin jedes Mal überrascht, wie lange man hierher fährt), haben es viele Reisende wohl eher nicht auf dem Radar.
Als ich 2005 das erste Mal nach Las Vegas kam, wirkten die Stadt und der Strip noch beschaulicher, es gab weniger Menschen, weniger Gedränge – aber auch weniger Hotels (vom Wynn stand nur ein Turm, und der gesamte Komplex, auf dem heute das Cosmopolitan, das Aria und andere Hotels stehen, war ein Sammelsurium aus kleinen Läden). Es gab weder das Riesenrad mit seinem kleinen Vergnügungsviertel noch die beiden Arenen (die mit Schuld daran sind, dass das Parken inzwischen etwas kostet, also, schönen Dank auch). Heute kann man an den Strip gehen, wann man will, man wird förmlich von Menschenmassen überrannt.
Wer es gemütlicher haben will, weicht inzwischen auf andere Hotels aus, etwa in Downtown, was auf mich aber immer ein bisschen Ballermann-Feeling hat, oder auf Anlagen jenseits des Strips. Das South Point ist ein kleines Reich für sich, hat elf Restaurants, ein Kino, eine Bowlingbahn und eine nette Poollandschaft (natürlich kann man in dem ca. 1,20 m tiefen Becken kaum schwimmen, aber zum Planschen reicht es). Dafür wachen zwei Bademeister*innen darüber, dass keiner in Gefahr gerät, auch wenn ihre Hauptaufgabe darin besteht, die Gäste von jenem Drittel des Pools fernzuhalten, das nicht überwacht wird. Eine Aufgabe, die sowohl die Hotelgäste als auch die Lifeguards unendlich nervt.
Ach ja, und das Hotel besitzt eine eigene Rodeoarena. Wir haben sie uns nicht angesehen, weil gerade keine Veranstaltungen stattfanden und wir das alles nicht so spannend finden (unterwegs hätten wir mehr als genug Gelegenheiten gehabt, ein Rodeo zu besuchen), aber Pferdebegeisterte kommen hier vermutlich auf ihre Kosten. Die Ställe für 1600 Pferde sind sinnigerweise neben der Parkgarage untergebracht. Die Cowboys schlafen im Hotel, wo man tatsächlich hin und wieder einen erblickt, inklusive Stetson und Sporen (!) an den Stiefeln.
Das größte Manko, das ich feststellen konnte, war der Zigarettenrauch, der hier intensiver zu sein scheint als in den Hotels am Strip. Die Zimmer sind jedenfalls riesig (unseres maß 46 Quadratmeter und hatte eine Aussicht auf die Berge sowie einen Teil der Stadt), die Hotelgänge sind endlos, und wir haben uns hier ziemlich wohl gefühlt. Das hat sogar so weit geführt, dass wir nur wenig Lust hatten, den Komplex zu verlassen und zum Strip zu fahren.
Immerhin haben wir uns einmal zu einem Korean BBQ hinausgewagt, das sehr gute Kritiken hatte und uns nicht enttäuscht hat. Bei unserem letzten Besuch eines solchen Lokals vor vier Jahren hatten wir ja unsere Knie am Tischgrill verbrannt und wären wegen der ohrenbetäubend lauten koreanischen Popmusik beinahe taub geworden, da war dieses Restaurant erfreulich leise und ungefährlich. Das Essen war auch exzellent, besonders das Bulgogi und das mit Grüntee marinierte Bauchfleisch, und es gab keine Hühnermägen! Leider waren unsere Mägen zu klein, um uns durch das gesamte Sortiment zu probieren. Wie unsere Tischnachbarn, ein junger Mann und eine sehr zierliche Frau die von ihnen bestellten gewaltigen Berge an Essen bewältigen wollten, wäre interessant zu beobachten gewesen, aber als sie anfingen, waren wir bereits fertig. Vielleicht hatten sie ja Tupperschüsseln dabei? Oder sie waren bereit, das bestellte und nicht verzehrte Essen extra zu bezahlen, denn dazu ist man verpflichtet.
Nach dem Essen, und das war keine so furchtbar gute Idee, haben wir noch einen Ausflug zu einer offenen Mall unternommen. In den schmalen Gassen staute sich die Hitze, wir waren satt und müde, und der stetige Wechsel von der Sommerhitze draußen und der Grabeskälte drinnen hat bei mir zu einem Klimaanlagenschnupfen geführt – und beinahe zu einem Hitzschlag. Vielleicht war mir auch einfach schlecht von zu viel Kimchi.
Das zweite Mal, dass wir das Hotel verließen, war, um in einem Kino Der Weiße Hai in Imax zu sehen. Bei unserem letzten Besuch vor vier Jahren lag der Komplex noch in einer kleinen Vorstadt-Mall, aus der inzwischen eine Kleinstadt geworden ist. Man fragt sich, wer all diese Geschäftsviertel mit den immergleichen Läden und Restaurants eigentlich braucht. Sicher, in der Nähe entstehen auch immer neue Wohnviertel, vor allem riesige Appartementblöcke, die manchmal direkt neben dem Highway errichtet werden, aber irgendwann sollte doch der Bedarf gedeckt sein. Die städtebaulichen Konzepte in den USA werde ich wohl nie verstehen.
Abgesehen von diesen Ausflügen waren wir meistens im Hotel, sind jeden Morgen schwimmen gegangen, haben die Restaurants erkundet und uns im hauseigenen Kino Three Thousand Years of Longing angeschaut. Am liebsten hätte ich jeden Tag einen neuen Milchshake im Steak and Shake (eine nostalgische Diner-Kette) ausprobiert, für die es sogar eine Happy Hour gab, aber am Ende hat die Vernunft gesiegt und es blieb bei einem Nutella-Shake mit schlappen 800 Kalorien. Nach den endlosen Autofahrten und Wanderungen der letzten Wochen waren die drei Tage ungemein erholsam und haben sich tatsächlich wie Urlaub angefühlt …
Die Fahrt zurück nach L.A. war dann wie immer zu lang und zu langweilig. In der Wüste gibt es nun mal nicht so viel zu sehen. Nach den vielen Regenfällen der letzten Wochen wirkte sie immerhin grüner als sonst. Wieder im Großraum Los Angeles begannen die Staus, mit denen man hier immer rechnen muss, vor allem an einem Nachmittag unter der Woche. Am schlimmsten war diesbezüglich übrigens unsere Fahrt von Salt Lake City nach Las Vegas, die statt fünfeinhalb acht Stunden gedauert hat, weil wir gleich zweimal wegen einer Baustelle im Stau standen. Liegt vielleicht am neuen Infrastrukturprogramm der Biden-Regierung.